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Lief auch beim Paderborner Osterlauf: Grete Waitz.

Weiterhin ein Vorbild

Marathon: Grete Waitz kämpft gegen den Krebs

Hamburg/New York (dpa). Neun Mal hat sie den New-York-Marathon gewonnen, doch 17 Jahre nach ihrem letzten Triumph hat Grete Waitz nur noch einen Gegner: den Krebs. Doch auch diesen ungleichen Kampf will sie mit Mut und Würde bestehen.

»Ich werde ihn besiegen«, sagte die 52-Jährige. »Die Ärzte sind optimistisch, ich bin optimistisch, ich drücke die Daumen.« Auch für die 37 000 Läufer, die am Sonntag beim prestigeträchtigsten City-Marathon der Welt an den Start gehen. Dort will der Kenianer Paul Tergat im besten Männerfeld aller Zeiten zum Sieg eilen.
Grete Waitz kann nicht mitlaufen. Sie fühlt sich derzeit ziemlich schlapp, wird aber dabei sein und das Rennen von einem Auto aus verfolgen, das vor der Spitze fährt. Eine symbolträchtige Reise. Tausende Fans werden auch ihr dann noch einmal zujubeln, wie einst, als sie zwischen 1978 und 1988 in Big Apple die klassischen 42,195 Kilometer dominierte.
Als erste Marathon-Frau blieb sie 1979 bei ihrem zweiten New-York-Sieg in 2:27:33 Stunden unter der magischen Grenze von 2:30:00. 1983 wurde die Skandinavierin in Helsinki als erste Marathon-Weltmeisterin von den Fans gefeiert, ein Jahr später holte Waitz in Los Angeles Olympia-Silber.
Immer vorn und immer ein Vorbild. Im Leben der Grete Waitz lief alles nach Plan, bis sie im April dieses Jahres die schockierende Diagnose erfuhr. Krebs. »In zehn Jahren war ich nicht mal erkältet, nie im Krankenhaus«, schilderte sie. Und nun das. »Da machst du einen Bluttest, und drei Stunden später hat man mir gesagt, ich habe Krebs. Das hat mein ganzes Leben verändert«, gibt sie zu: »Du gehst als eine Person rein und kommst als ein anderer Mensch wieder raus.«
Im Mai begann die Behandlung: Chemotherapie, Bestrahlung. »Das ist schon ein außergewöhnlicher Sommer«, sagt die Athletin, die sich als Mädchen auch im Handball und Turnen versuchte. Mit zwölf Jahren wurde Grete Andersen Leichtathletin. Am 23. Juni 1976, zwei Tage nach ihrem zweiten 3000-m-Weltrekord, heiratete sie in Oslo ihren Clubkameraden und Trainer Jack Waitz. Heute ist sie eine der populärsten Sportlerinnen Norwegens, vor dem Bislett-Stadion ihrer Heimatstadt steht Grete Waitz in Metall gegossen als Statue.
Vor der Diagnose rannte sie 65 Kilometer in der Woche, sogar jetzt quält sie sich noch und läuft manchmal zehn Kilometer. Dieser unbändige Wille hat sie schon immer beflügelt, auch die Menschen an ihrer Seite. Zuspruch bekam Waitz jetzt sogar von Amerikas bekanntestem Krebs-Patienten. Radprofi Lance Armstrong, der Rekordgewinner der Tour-de-France, sprach der Seriensiegerin von New York per E-Mail Mut zu: »Du bist eine Sportlerin, du bist eine starke Frau - du wirst den Kampf gewinnen!«

Artikel vom 04.11.2005