04.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rentner vor vier Nullrunden

Kürzungen nicht möglich - Korrekturen auch bei Hartz IV geplant

Berlin (Reuters). Auf die 20 Millionen Rentner kommen nach Worten von SPD-Parteichef Franz Müntefering vier weitere Nullrunden zu. Dies kündigte der künftige Arbeits- und Sozialminister einer großen Koalition gestern auf dem Arbeitgebertag in Berlin an.
Gut eine Woche vor dem geplanten Ende der Koalitionsgespräche hat sich die Spitzenrunde von Union und SPD gestern um eine Annäherung in den Finanzfragen bemüht. Ein greifbares Ergebnis gab es nach dem dreistündigen Treffen im Büro des SPD-Fraktionschefs Franz Müntefering nicht.
Kürzungen der Rentenbezüge sind derzeit wegen einer gesetzlichen Sicherungsklausel nicht möglich. Auf Fachebene hatten sich Union und SPD zuvor darauf verständigt, diese Klausel auch nicht anzutasten. Allerdings sollen Abschläge bei der Rente, die in den nächsten Jahren eine Kürzung bedeutet hätten, nachgeholt werden. Das bedeutet, dass im nächsten Jahrzehnt mögliche Rentenerhöhungen geschmälert werden oder ganz ausfallen könnten. Das verlautete gestern aus der Arbeitsgruppe.
Um den Beitragssatz bei 19,5 Prozent zu halten, wollen die Experten den Bundeszuschuss im Jahr 2007 um 2,8 Milliarden Euro erhöhen. Langfristig sollen die Beitragszahler bis 67 arbeiten.
Müntefering ging mit seiner Ankündigung über bisherige Aussagen hinaus, wonach den Rentnern mindestens 2006 eine weitere Nullrunde droht.
Die Arbeitsgruppe wird der Spitzenrunde ein Paket vorschlagen, das unter anderem vorsieht, den Bundeszuschuss an die Rentenkasse ab 2007 um 2,8 Milliarden Euro zu erhöhen.
Ein neuer Nachholfaktor soll nach 2011 den Rentenanstieg dämpfen, indem Abschläge nachgeholt werden, die auf Grund des Nachhaltigkeitsfaktors in den kommenden Jahren zu Rentenkürzungen geführt hätten. »Die dämpfenden Faktoren in der Rentenformel, die durch die Sicherungsklausel nicht wirken können, sollen später nachgeholt werden«, sagte ein Teilnehmer.
Dieser neue Nachholfaktor solle »in moderater Weise« nach 2011 greifen, weil dann der Riester-Faktor auslaufe, der den Rentenanstieg durch Berücksichtigung der Beiträge zur privaten Altersvorsorge bremst. »Wenn bis dahin die Entwicklung am Arbeitsmarkt wieder so weit nach oben zeigt, dass die Lohnsumme steigt, kann das durchaus mit steigenden Renten einhergehen«, hieß es aus der Arbeitsgruppe weiter.
Zur Eindämmung der Milliarden-Kosten beim Arbeitslosengeld II haben sich Union und SPD zudem auf gravierende Korrekturen bei der Hartz-IV-Reform verständigt. Beide Seiten wollen mit den bisher beschlossenen Maßnahmen 1,8 Milliarden Euro pro Jahr einsparen, hieß es gestern.
Einigkeit besteht zwischen den Parteien, bei der Zahlung von Arbeitslosengeld II an junge Erwerbslose unter 25 Jahren wieder ein so genanntes Rückgriffsrecht einzuführen. Diese Arbeitslosen sollen die Unterstützung nur noch dann bekommen, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, sie zu unterhalten. Diesen jungen Arbeitslosen sollen nicht mehr automatisch die Wohnkosten ersetzt werden, wenn sie erstmals ihre »eigenen vier Wände« bezogen haben. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 04.11.2005