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Jungschwan spaziert über den
Ostwestfalendamm nach Quelle

Auf dem Ölteich in Heepen wartet schon ein Weibchen auf ihn

Quelle (oh). Etwas anderes als der Ausruf »mein lieber Schwan!« und ein kräftiger Tritt auf die Bremse fiel Ingo Vogt (37) am Samstagmorgen auf dem Ostwestfalendamm nicht ein, als er dort auf den ungewöhnlichen »Fußgänger« traf.

Auf der mittleren Fahrspur der Schnellstraße, kurz vor der Ausfahrt Quelle, watschelte nämlich ein Schwan in Richtung Brackwede vor sich hin. Und da der große Vogel mit deutlich weniger als der dort vorgeschriebenen Mindestgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometer unterwegs war, fürchtete der Inhaber eines Transportunternehmens um das Leben des Tieres.
»Zumal die meisten Pkw in Höchstgeschwindigkeit rechts und links knapp neben dem Schwan vorbei zischten«, meint Vogt, verärgert über so viel Unvernunft der Fahrer. »Ein Zusammenstoß mit dem großen Vogel hätte auch für sie schlimm ausgehen können.«
Der »tierisch gute Lebensretter« machte zweierlei: Zunächst informierte er über den Notruf 110 die Polizei, dann »geleitete« er mit seinem gelben Lastwagen und eingeschalteter Warnblinkanlage den Schwan durch vorsichtiges Überholen und Abdrängen ganz langsam immer weiter nach rechts über die Fahrbahnen auf den Randstreifen.
Dort ließ sich das gestresste Tier dann nieder, um geduldig auf die Polizei und den ebenfalls benachrichtigten Bezirksgartenmeister Peter Promoli zu warten. »Schwäne einfangen gehört nicht zu meinem Beruf, das mache ich nur in meiner Freizeit«, meinte Promoli. Gemeinsam mit zwei Polizeibeamten pirschte er sich in einer »Dreierkette« an das Tier heran, griff blitzschnell zu - und die Gefahr auf dem OWD war gebannt.
Problemlos ließ sich der Schwan im Kofferraum von Promolis Auto verstauen, wo er sich in eine Ecke kuschelte. »Das ist ein Jungschwan aus diesem Jahr, zu erkennen an dem noch nicht weiß durchgefärbten Gefieder und vermutlich ein Männchen«, erklärt der Bezirksgartenmeister. Woher das Tier stammt und warum er sich ausgerechnet die Schnellstraße für den Spaziergang ausgesucht hat, weiß er auch nicht.
»Jetzt ist allerdings die Zeit, wo die Eltern die Jungvögel aus ihrem Revier vertreiben«, sagt Promoli. Ein solcher »Vertriebener könnte es sein. Eine Idee, wo der OWD-Schwan heimisch werden kann, hat er auch schon. »Auf dem Ölteich in Heepen gibt es ein einsames Weibchen. Dahin bringe ich ihn jetzt - vielleicht fühlt er sich dort wohl und bleibt.«

Artikel vom 07.11.2005