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Der Weg zur Konfirmation weniger streng

Kirche auf Modernisierungskurs

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Konfirmandenunterricht mitunter schon für Drittklässler, mehr Wechsel in Pfarrhäusern und »Kirche mit Zukunft«: Die Landessynode endete gestern in Bielefeld mit Impulsen für 620 westfälische Gemeinden.
Präses Alfred Buß
Leichtes Drehen an vielen Stellschrauben sei nicht spektakulär, bringe aber eine erneuerte Kirche fit für eine erheblich veränderte Zukunft, sagte Präses Alfred Buß zum Abschluss der auf vier Tage verkürzten jährlichen Beratungen des westfälischen Kirchenparlaments.
Konfirmanden, die nicht selten ohne jede Glaubenserfahrung sind, sollen sich mit den wesentlichen Inhalten des christlichen Glaubens auseinandersetzen. Dabei gehe man weg, so Buß, von der starren Form kirchlichen Unterrichts. Eng verbunden mit der Kinder- und Jugendarbeit werden im Kirchengesetz nur noch Eckdaten gesetzt: 75 Zeitstunden verteilt auf eineinhalb Jahre sind der Rahmen. Freizeiten und Praktika dürfen teilweise angerechnet werden, eine Zweiteilung auf das dritte und achte Schuljahr können die Gemeinden praktizieren.
»Im Pfarrhaus brennt noch Licht«: Die alte Regel soll Bestand haben, versprach Buß, auch wenn genau daran nicht mehr so stur festgehalten werden muss. Unter der Bedingung, dass Ansprechpartner da sind, können zum Beispiel allein stehende Pfarrer künftig auch in kleineren Wohnungen in ihrer Gemeinde leben.
Mit »Kultur des Wechsels« überschreibt derselbe Beschluss aus dem Reformprozess »Kirche mit Zukunft« auch ein noch sehr viel heikleres Thema. Pfarrer sollen künftig etwas öfter die Pfarrstelle wechseln. Ein 30jähriges Dienstjubiläum in der immer gleichen Gemeinde könne ein Glücksfall sein, manchmal aber auch nicht, formulierte Buß diplomatisch geschickt. Alle zehn Jahre soll jetzt ein »Rückblick- und Ausblickgespräch« geführt werden. Zur Personalplanung insgesamt wird die Kirchenleitung den 31 Kirchenkreisen ein neues »Instrumentarium« an die Hand geben. Hintergrund: Die Zahl der Beschäftigten muss der sinkenden Zahl von Gemeindegliedern angepasst werden.
Als historischen Beschluss wertete der Präses eine Änderung der Kirchenordnung, die lange Zeit Falsches richtig stelle: das besondere Verhältnis zu Israel. Die Treue Gottes zu seinem Volk Israel wird darin unwiderruflich anerkannt und das gemeinsame Erbe göttlicher Verheißung anerkannt. Schon 1999 hatte sich die Synode von jeglicher Mission an Juden distanziert. »Keine Formalie«, betonte Buß. Eine jahrhundertealte Entwicklung mit verheerenden Folgen sei endgültig für falsch erklärt worden.
Der Bielefelder Ingo Stucke (33) wurde zum nebenamtlichen Mitglied der Kirchenleitung gewählt.

Artikel vom 04.11.2005