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Kurze Halbwertzeit

SPD-Parteichef - ein Amt von geringer Dauer


Berlin (dpa). Die Halbwertzeit ist meist nur kurz. SPD-Parteichef zu sein, das ist nach vielen bitteren Erfahrungen eher ein Amt von überschaubarer Dauer. Die durchschnittliche Amtszeit lag im zurückliegenden Jahrzehnt bei gerade mal zwei Jahren. Mit Matthias Platzeck leistet sich die älteste deutsche Partei nun schon den fünften Vorsitzenden seit 1995.
Damals wurde Rudolf Scharping nach gut zwei Jahren von den eigenen Leuten vom Hof gejagt. Sein Nachfolger Oskar Lafontaine lief nach dreieinhalb Jahren von selbst davon. Nach fünf Jahren gab Gerhard Schröder entnervt auf. Solange hatte immerhin kein SPD-Chef mehr seit Willy Brandt durchgehalten. Brandt-Nachfolger Hans-Jochen Vogel schaffte vier und anschließend Björn Engholm gerade zwei Jahre.
Derjenige, dem Schröder noch vor kurzem vorhergesagt hatte, er werde als einer der bedeutendsten SPD-Führer in die Geschichte eingehen und werde einmal in einem Atemzug mit August Bebel und Brandt genannt werden, geht nun in die SPD-Annalen mit der kürzesten Amtszeit ein. Franz Müntefering, bis vor wenigen Tagen noch unbestrittener Liebling der Partei, warf nach ganzen 19 Monaten das Handtuch.
Angesichts dieser eher bedrückenden Ausgangslage dürfte auch Platzeck klar sein, dass er einen »Schleudersitz« im Berliner Willy- Brandt-Haus übernimmt.

Artikel vom 03.11.2005