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An vielen Schulen bereits üblich: Jugendliche schlichten in Streitfällen. In Siegen sollen Jugendliche jetzt auch Straftaten beurteilen.

Jugendliche reden Tätern ins Gewissen

»Teen-Court« statt Prozess in Siegen

Siegen (dpa/lnw). Jugendliche Straftäter sollen sich künftig vor einem Gremium Gleichaltriger für ihre Taten verantworten. Justizstaatssekretär Jan Söffing startete am Freitag in Siegen das landesweit einzigartige Pilotprojekt als Alternative im Jugendstrafrecht.
»Es sind die Gleichaltrigen, deren Verhaltensweisen und Meinungen einem Jugendlichen wichtig sind. In vielen Fällen sind deshalb Reaktionen aus dem Kreis der eigenen Altersgruppe wirkungsvoller als die Bestrafung durch Erwachsene«, sagte Söffing.
Drei Gruppen 14- bis 17-Jähriger sollen mit jährlich etwa 100 Straftätern aus Siegen über ihre Vergehen sprechen und eine Sanktion oder Wiedergutmachung vereinbaren. Das von der Bewährungshilfe, der Staatsanwaltschaft und dem Siegener Landgericht ausgearbeitete Projekt soll die Rückfallquote bei geständigen Jugendlichen senken. Es sei zwar mehr Aufwand für Polizei und Justiz, aber die Erfolge mit einem ähnlichen Projekt im bayerischen Aschaffenburg machten Hoffnung, auch in Siegen Straftaten Jugendlicher verhindern zu können.
Das Schüler-Gremium habe keine richterliche Gewalt, betonte Söffing. Neben dem Geständnis des Jugendlichen müssten auch dessen Eltern, die Polizei und die Staatsanwaltschaft zustimmen, dass der »teen-court« den Fall übernimmt. Sanktionen wie Ableisten von Sozialstunden oder Täter-Opfer-Ausgleich sollten möglichst einvernehmlich verabredet werden. Nach Erfüllung der Auflagen wird das Verfahren ohne einen Eintrag ins Führungszeugnis eingestellt.

Artikel vom 05.11.2005