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Ein Fußball-Abend
verwirrt die Sinne

Werder Bremen erholt sich vom Sechs-Minuten-Schock

Bremen (dpa). Der Achterbahn-Fußball verwirrte die Sinne. Nach dem kuriosen und letztlich begeisternden 4:3-Erfolg im Champions-League-Spiel gegen Udinese Calcio fiel Spielern und Verantwortlichen von Werder Bremen die Analyse schwer. Vor allem mit lockeren Sprüchen versuchten sie den Schock des Sechs-Minuten-Blackouts zu überspielen.
Und mit Blick auf das schon morgen folgende Bundesliga-Topspiel in München witzelte Verteidiger Naldo: »Wenn die Bayern neun Tore schießen, dann müssen wir eben zehn machen.«
Nachdem Werder wieder einmal für einen dieser unvergesslichen Europapokal-Abende gesorgt hatte, sagte Trainer Thomas Schaaf mit ironischem Unterton: »Bei uns ist immer was los, da gibt es verrückte Spiele. Das darf man ruhig mal weitererzählen.« Die Erleichterung über das Happy End konnte beim Bremer Coach allerdings den Ärger nur mühsam überdecken, dass seine Mannschaft durch ihre Leichtfertigkeit beinahe alles verspielt hätte.
Auch nach dem Siegtreffer von Johan Micoud (67.) »war die Angst da, dass man noch mal ein Ding bekommen kann«, gab Schaaf hinterher zu. Zu groß war der Schreck, weil sein Team nach den Toren von Miroslav Klose (15.), Frank Baumann (24.) und Micoud (51.) noch den Ausgleich von Antonio Di Natale (54./57.) und Christian Schulz (60./Eigentor) kassiert hatte. »Wir haben keine Ruhe reingekriegt, es ist hektisch geblieben«, bemängelte der Coach.
Klaus Allofs erging es so wie den Werder-Fans unter den 35 424 Zuschauern im Weserstadion. »Wir hatten uns eigentlich nach dem 3:0 auf einen gemütlichen Abend eingerichtet«, berichtete der Manager. »Aber dann haben wir es wie schon so häufig sehr spannend gemacht und ein richtiges Spektakel geboten.« Scherzend fügte er an: »Wenn wir immer 4:3 gewinnen, reicht es uns.«
Wirklich glücklich ist Allofs mit der Spielweise jedoch nicht. »Auf der einen Seite zeichnet uns das aus, dass wir immer nach vorn spielen, aber ich würde mir manchmal wünschen, dass wir etwas defensiver denken würden. Wir sind weiter nach vorne gelaufen und haben den Italienern sehr große Chancen gelassen.« Ähnlich kommentierte Tim Borowski: »Ich hatte das Gefühl, dass wir unbedingt noch vier oder fünf Tore schießen wollten und deshalb nachlässig wurden.«
Allofs war wie Schaaf sichtlich bemüht, die positiven Seiten herauszustreichen. »Das war ein Sieg der Moral«, sagte der Manager und rechnet sich nun gute Chancen für das Erreichen des Achtelfinales aus: »Von mir aus kann Barcelona alle weiteren Spiele gewinnen, wenn wir dann das entscheidende Heimspiel gegen Panathinaikos Athen in der richtigen Höhe gewinnen, sind wir Zweiter.«
Zunächst wartet auf die Erlebnis-Fußballer von der Weser aber das Spiel in München, wo ihnen erneut Ivan Klasnic (zwei Wochen Pause nach Blinddarmoperation) fehlt. Dass Nelson Valdez ein fast gleichwertiger Ersatz ist, bewies der Paraguayer, indem er an der Vorbereitung von drei Treffern beteiligt war.

Artikel vom 04.11.2005