05.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Utopische Welten, maskierte Wirklichkeit

Beeindruckende Foto-Arbeiten: 13 FH-Studenten stellen in der Galerie »Artists Unlimited« aus

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Die Fotografie kann mehr als nur Sachen abbilden: Mit viel Phantasie und beeindruckenden Techniken zeigen 13 Studenten der Fachhochschule in der Galerie »Artists Unlimited« außergewöhnliche Arbeiten unter dem Titel »Revision der Sachfotografie«.

Seit die Sachfotografie in den Zwanzigern ihre eigene Ästhetik fand, gelten Maßstäbe, die erst Michel Foucault in Frage stellte. Die FH-Studenten wollen der tradierten Sichtweise der Fotografie neue Aspekte erschließen - mit zum Teil überraschenden Ergebnissen, wie ein Rundgang durch die »Artists Unlimited«-Räume zeigt.
So bildet Jana Duda Gegenstände ab, die sie draußen, in den Straßen und in freier Natur fand, und gibt den Objekten ein Bild des Fundortes bei. So erzählen ihre Arbeiten (die Gegenstände wurden nicht fotografiert, sondern direkt gescannt) ganze Geschichten, rätselhafte wie die des Schildes mit dem Namen Antje de Voß, gruselig angehauchte wie die der einzeln aufgefundenen Stiefelette . . .
Doris Leuschner ist inspiriert von dem memento mori, dem Bewusstsein des eigenen Todes, das sich leitmotivisch durch die Epoche des Barocks zieht. Sie hat Fotos von Wolken, extrem vergänglichen Gebilden also, fotografiert und auf Leinwand gezogen, opulent gerahmt und präsentiert die wie geklont wirkende Serie nun (ironisiert) im Stil der Alten Meister. »Ich will durchaus die Wegwerfgesellschaft, das Flüchtige und Schnellebige kritisieren«, sagt die Künstlerin.
Pia Regina Brechmann, die Kamera stets auf den Untergrund gerichtet, hat den Weg aus ihrem Schlafzimmer in den Seminarraum der FH dokumentiert und immer dann ein Foto gemacht, wenn sich der Bodenbelag änderte: knapp 60 »Übergänge«, von denen sie den ersten und letzten zeigt.
Blindenschrift unter dem Makroobjektiv (Irina Jansen), Ruhrgebietszechen, zum Ornament verfremdet (Astrid Lennartz), utopische Welten, geboren aus duplizierten, gespiegelten Leuchtstoffröhren (Karin Jobst) und - als einziges Objekt unter lauter Fotos - ein zweidimensional verleimter Stuhl (Simon Wedekind). Yves Roth hat ein Glas voller Schminkutensilien »maskiert« (was Schminke ja auch schafft), indem er sowohl das Negativ wie auch den Papierabzug schnitt, faltete, verdrehte und aufwölbte, und Melani Schulz zeigt im »Gewölbe« der Galerie Lumogramme: ohne Umweg über Linse und Objektiv via Vergrößerer aufs Fotopapier gebrachte (Negativ-)Motive vom Herbstblatt bis zur Florfliege.
Außerdem dabei: Astrid Blaes, Nina Hinkers, Saskia Otto und Stefan Schrills.
Die intelligente und bunte, kritische bis aufmunternde Schau ist am Samstag und Sonntag sowie am folgenden Freitag bis Sonntag, jeweils von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Entgegen ursprünglichen Plänen führt der neue FH-Dekan Martin Roman Deppner, der auch das ideengebende Foto-Seminar leitete, am Dienstag, 8. November, 20 Uhr, Gedanken zum Thema aus.

Artikel vom 05.11.2005