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Fleisch-Skandal: Vier
Strafbefehle beantragt

Fünf Verfahren eingestellt - Ermittlungen in Minden

Von Ernst-Wilhelm Pape
Minden (WB). Acht Monate nach Aufdeckung des Hackfleisch-Skandals in Filialen der Supermarktkette »Real« hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg beim Amtsgericht Hannover vier Strafbefehle beantragt.

Ein 53 alter Bezirksleiter der Supermarktkette, der für Filialen in Niedersachsen, NRW und Hessen zuständig war, soll zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung, zwei Fleischermeister und ein Fleischergeselle der Filialen Laatzen und Langenhagen bei Hannover zu Geldstrafen zwischen 1000 und 5000 Euro verurteilt werden. Der Bezirksleiter, der die Taten bestreitet, war von anderen Beschuldigten stark belastet worden. Er soll die Anweisung erteilt haben, Hackfleisch nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums umzupacken, neu zu etikettieren und wieder zum Verkauf anzubieten. Die betroffenen vier Mitarbeiter sind bereits entlassen worden.
Der Bezirksleiter war auch für die Filiale in Minden zuständig. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bielefeld habe ein ehemaliger Real-Mitarbeiter ausgesagt, dass es auch in Minden Manipulationen an der Frischfleischtheke gegeben haben soll. Eine weitere Zeugin habe die Angaben bestätigt. Wie in den Fällen Langenhagen und Laatzen habe der Zeuge die kriminellen Machenschaften auch mit einer Kamera dokumentiert. Das Strafverfahren richte sich zunächst gegen Unbekannt. Die Mindener Polizei habe den Auftrag, den verantwortlichen Geschäftsführer zu vernehmen, sagte Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart dieser Zeitung.
Bei einer Razzia in Langenhagen und Laatzen waren Anfang März Mitarbeiter beim Umetikettieren auf frischer Tat ertappt worden. Untersuchungen ergaben, dass 80 Prozent der umverpackten Ware verdorben war.
Insgesamt hätten sich die Ermittlungen in Niedersachsen gegen 13 Beschuldigte gerichtet, sagte Staatsanwalt Bernard Südbeck dieser Zeitung. Drei Verfahren, unter anderem gegen den Bereichsleiter Fleisch und Fisch, seien mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden. Zwei Verfahren seien wegen geringer Schuld eingestellt worden. Diese beiden Beschuldigten, darunter der ehemalige Mitarbeiter, der das Umpacken fotografiert habe, hätten umfangreich ausgesagt. Gegen vier weitere Mitarbeiter seien noch Ermittlungen anhängig.
Auch in Berlin wird gegen Real-Mitarbeiter ermittelt. Es seien drei Verfahren wegen Verstoßes gegen die Hackfleischverordnung und wegen umetikettierter Ware anhängig, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald. Auch die Staatsanwaltschaften Essen und Köln hatten Hinweise auf Manipulationen an der Frischfleischtheke erhalten. Die Verfahren richteten sich gegen Unbekannt und wurden bereits eingestellt.

Artikel vom 03.11.2005