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Von der Physiotherapie zur Kunst

Karl-Heinz Wöhrmann blickt im »Erzählcafé« auf sein Leben zurück


Von Peter Monke
(Text und Foto)
Brackwede (WB). »Bewegen, bewegen und nochmals bewegen!« Fast beschwörend redete Karl-Heinz Wöhrmann bei seinem Vortrag im Rahmen des Erzählcafés der evangelischen Bartholomäus-Gemeinde auf seine gespannt lauschenden Zuhörer ein. Der gelernte Physiotherapeut weiß aus langjähriger Berufserfahrung: »Was man im Alter an Aktivität aufgibt,ist oft für immer verloren.«
Sein Lebensmotto »Nur nicht so schnell aufgeben« nimmt man dem 67-Jährigen ohne zu zögern ab. Wöhrmanns Schilderungen zeichneten das Bild eines in jeglicher Hinsicht bewegten Lebens: 1938 in Schildesche geboren und als »echter Schildsker« aufgewachsen, lernte Wöhrmann nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zunächst den Beruf des Feintäschners. Ziegenleder der besten Qualität verarbeitete er über einige Jahre zu edlen Brieftaschen oder Portmonees. Glücklich wurde er damit jedoch nicht und sattelte deshalb 1966 noch einmal um. In der Weserbergland-Klinik in Höxter ließ er sich zum Masseur und Bademeister ausbilden. Nach einem Abstecher zur Uni-Klinik Bonn kehrte Wöhrmann 1970 nach Bielefeld zurück, arbeitete zunächst in einer Brackweder Massage-Praxis, dann als Physiotherapeut im Johannes-Krankenhaus und schließlich als Leiter der Physiotherapie der Städtischen Kliniken.
In dieser Zeit sind ihm so einige tausend Bielefelder buchstäblich durch die Hände gegangen. Vor allem Patienten mit neuen Hüft- oder Kniegelenken und Unfallopfer gehörten zu seiner Stamm-Klientel. »Die schönsten Momente waren immer die, wenn jemand im Bewegungsbad erstmals wieder ohne Stützen laufen konnte«, erinnerte sich Wöhrmann. »Das Strahlen in den Augen dieser Menschen werde ich nie vergessen.« Um bis ins hohe Alter fit und beweglich zu bleiben empfahl er den Senioren sportliche Aktivitäten wie Schwimmen oder Rad fahren. Für den Anfang reiche es aber oft schon aus, sich auf eine Tischkante zu setzen und einfach zehn Minuten lang die Beine baumeln zu lassen.
Wöhrmann selbst widmet sich in seiner Freizeit mittlerweile jedoch nicht nur dem Sport. Gemeinsam mit seiner Frau Antoinette, einer Holländerin, die er im Spanienurlaub kennen lernte und mit der er drei Kinder hat, betätigt er sich seit seinem Ruhestand vor zwei Jahren auch künstlerisch: »Ich habe mir gedacht, du hast so viel gesehen an menschlichen Körpern, fang doch an zu modellieren.« Vor allem der Werkstoff Bronze hat es ihm dabei angetan. Mit leuchtenden Augen schilderte er das komplizierte Verfahren, bei dem aus 1200 Grad heißem, weiß glühendem Metall eine Skulptur entsteht. Überzogene künstlerische Ansprüche an seine Arbeit stellt Wöhrmann aber nicht: »Mir reicht es, wenn es schön aussieht.« Auch an einen Verkauf seiner Werke will er im Moment nicht denken. Aber: »Eine Ausstellung im nächsten Jahr könnte ich mir vorstellen.«
Das nächste Erzählcafé findet am Montag, 7. November, in den Räumen des evangelischen Bartholomäus-Gemeindehauses an der Brackweder Kirche statt. Zu Gast ist Angelika Fox, die seit ihrem achten Lebensjahr an Epilepsie leidet, sich davon aber nie entmutigen ließ. Mittlerweile hat sie ein Buch über ihre Krankheit geschrieben und Selbsthilfegruppen gegründet, in denen Eltern von betroffenen Kindern ein offenes Ohr für Probleme finden. Beginn der Veranstaltung ist um 15 Uhr.

Artikel vom 05.11.2005