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Telekom tritt auf die Kostenbremse

Massiver Stellenabbau bis 2008 geplant - Gewerkschaft spricht von »Horrorzahlen«

Von Peter Lessmann
Bonn (dpa). Nicht kaufen oder fusionieren ist bei der Deutschen Telekom angesagt - sondern sparen.
Macht ernst: Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke.

Während Branchenexperten noch auf ein Gegenangebot für den britischen Mobilfunkbetreiber O2 warteten und einen Bieterstreit mit der spanischen Telefónica am Horizont aufziehen sahen, überraschte Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke die Fachwelt gestern mit einer ganz anderen Meldung: In den nächsten drei Jahren werden 32000 Mitarbeiter in Deutschland den größten Telekommunikationskonzern Europas (245 000 Mitarbeiter) verlassen. Betroffen ist vor allem die Konzerntochter T-Com (108 000 Mitarbeiter).
Die Sparwut beim Bonner Riesen zeigt, wie stark das Unternehmen im traditionellen Festnetz unter Druck geraten ist. Der Bereich, der früher hauptsächlich für Sprachtelefonie und heute immer mehr für Breitband, Datenkommunikation und schnelles Internet steht, ist nach Rickes Einschätzung nicht produktiv genug. Hinzu kommen die Wettbewerber, die auch Dank einer Regulierung allmählich Boden gewonnen und dem Platzhirsch mit günstigen Angeboten Marktanteile abgenommen haben.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di reagiert geschockt. »Wir sind fassungslos, ein Personalabbau in dem Umfang ist nicht akzeptabel«, sagte ein Arbeitnehmervertreter. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Telekom und ver.di-Vorstandsmitglied Franz Treml bezeichnete die Einsparungen als »Horrorzahlen«. Dagegen beteuerte Personalchef Heinz Klinkhammer, es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Der Stellenabbau erfolge freiwillig über Abfindungen oder Altersteilzeit.
Wie auch andere Konzerne in Europa steht die Telekom unter Handlungsdruck: »Der weltweite Umbruch der Branche, die rasante technologische Entwicklung und besonders der regulierungsbedingt harte Wettbewerb im Festnetz- und Breitbandbereich in Deutschland stellen den gesamten Konzern vor verschärfte Herausforderungen«, bringt Ricke die Not der Telekom auf den Punkt. Der Konzern will auch künftig auf innovativen Märkten tätig sein und den technologischen Anschluss an die Weltspitze nicht abreißen lassen.
Das Stichwort lautet »Triple Play«: Eine Kombination von Telefonie, Breitband und Unterhaltungsangeboten (TV, Video on Demand). Ohne »Triple Play«, das sich auch die Telekom auf ihre Fahnen geschrieben hat, werden die Telefonnetzbetreiber nicht überleben, meinen Experten. »Wir sind entschlossen, an diesen Wachstumsperspektiven deutlich zu partizipieren«, sagt Ricke.
In dem Zusammenhang ist für den Telekom-Chef der Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsglasfasernetzes unabdingbar. Dass jetzt die Regulierungsbehörde einzugreifen droht und der Telekom vorschreiben will, auch den Wettbewerbern einen Zutritt zu den innovativen Netzen zu gewähren, kann Ricke nicht nachvollziehen.

Artikel vom 03.11.2005