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Aufkleber als
Trostpflaster
für Jungkicker

DFB-Präsident bedauert Verhalten

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Fotos)
Ummeln (WB). »Der Mann hat sich entschuldigt und damit Schwamm drüber«, sagt Hans Keuch, Jugendleiter des VfL Ummeln. »Der Mann« ist Gerhard Mayer-Vorfelder, Präsident des Deutschen Fußballbundes.
Mit dürren Worten entschuldigte sich der DFB-Präsident für sein Verhalten.

Dieser reagierte mit seinem »Abbitte«-Brief auf ein Schreiben der Ummelner, die das Verhalten des mächtigen Fußballbosses beim Länderspiel Deutschland gegen Nordirland Anfang Juni in Belfast kritisiert hatten. Die Ummelner waren damals mit der deutschen Nationalmannschaft aufs Spielfeld gelaufen, standen im Blickpunkt der weltweiten Fernsehübertragungen, wurden im Stadion von tausenden Fans bejubelt. Bei der Begrüßung der Mannschaften hatte Mayer-Vorfelder die jungen Kicker, die praktisch im Meter-Abstand vor dem Präsidenten standen, keines Blickes gewürdigt (diese Zeitung berichtete ausführlich). Das hatte »Hansi« Keuch veranlasst, in einem persönlichen Brief an Gerhard Mayer-Vorfelder die Enttäuschung der D-Junioren zu artikulieren. »Schließlich war es das erste Mal, dass eine deutsche Juniorenmannschaft bei einem Auslandsspiel unserer Nationalmannschaft dabei war. Die hatten alle Herzklopfen bis zum Abwinken, als sie mit ihren Idolen im Belfaster Stadion standen. Für die Jungen war das ein unvergessliches Erlebnis«.
»Von Ihnen als DFB-Präsident und ehemaligem Kulturminister darf man erwarten, dass Sie eine Vorbildfunktion für Jugendliche haben und Protokolle und Abläufe Sie nicht daran hindern sollten, sich für ein paar Augenblicke den Kindern zuzuwenden. Diese sind doch das Potenzial unserer Zukunft«, hatte Keuch dem DFB-Präsidenten ins Lehrbuch geschrieben.
In seinem Entschuldigungsschreiben räumte Mayer-Vorfelder das Versäumnis zwar ein, gab sich aber »zunächst überrascht«, zu erfahren, dass es deutsche Kinder gewesen seien. »Hätte ich das gewusst, hätte ich selbstverständlich gern einige Worte mit den Jungen gewechselt.« Zudem wäre »ein Eingehen auf die Kinder angesichts der hektischen Situation vor dem Anstoß nicht möglich gewesen.« Hans Keuch: »Wir standen in jedem Programmheft und auf Plakaten ausgedruckt, aber offensichtlich sieht man die jungen Kicker nur als Staffage einer Show. Wir freuen uns dennoch über die Rückantwort, auch wenn die lange genug gedauert hat. Das ist ja wohl das mindeste, was wir erwarten durften«.
Und auch Malte Schönfeld (12) und Sebastian Giersch (13), mittlerweile in der C-Jugend, sehen den Brief von Mayer-Vorfelder als eher dürftig an. »Der hat sich ganz schön rausgeredet«, sagen die beiden Nachwuchstalente. Als Trostpflaster für das »Missverständnis« hatte Mayer-Vorfelder seinem Schreiben einige Kleinigkeiten beigelegt: Aufkleber und Sticker des DFB.
»Eigentlich hätten wir ja eine Einladung zu einem Spiel erwartet, besser noch Karten für ein WM-Spiel«, scherzten die Junior-Kicker. »Am besten für das Finale, wenn Deutschland so weit sollte.« »Daran aber ich erhebliche Zweifel«, kritisiert Hans Keuch die augenblicklichen Leistungen der Nationalmannschaft.

Artikel vom 01.11.2005