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Womit wir bei den Lebensbedingungen wären. In der Provinz, selbst nur wenige hundert Kilometer von Moskau entfernt, sind diese weitaus härter als in Westeuropa. In der Hauptstadt oder teilweise auch in St. Petersburg zu leben und zu studieren ist eine Sache, im übrigen Russland eine ganz andere. Der Standard ist erheblich niedriger und fordert ein höheres Maß an Anpassungsfähigkeit und Improvisationstalent. Ein dickes Fell kann nicht schaden, gerade beim Besuch öffentlicher Toiletten.
Allgemein wird der öffentliche Raum lieblos behandelt, wenn nicht gar verwahrlost, wo er nicht touristischen Zwecken dient. Das fängt bei den Straßen an - 180 Kilometer von Moskau nach Rjasan dauern mit dem Bus fast fünf Stunden - und hört bei Flüssen und Wäldern auf. Unabgekochtes Wasser sollte nicht direkt aus der Leitung getrunken werden. Es könnte sein, dass die Kläranlage nicht in Betrieb ist oder es für diesen Stadtteil überhaupt keine gibt. Auch sollte man nachts nicht unbedingt das Fenster öffnen, sozusagen zur Haupt-Abfall-Verbrennungszeit.
Müll trennt niemand. In seinem Studentenwohnheim in Rjasan beförderte Daniel alles über eine Klappe in ein Rohr, das Dosen, Papier, Essenreste unten in einem Container vereinigte. Obdachlose oder Tiere pickten sich das Beste heraus, der Rest wurde verfeuert.
Ökologisches Bewusstsein hin und her, Fakultäten, die an Grundschulen erinnern, Fahrzeuge, die auf keiner deutschen Straße fahren dürften - was dem Studenten in Erinnerung von seiner Zeit auf dem russischen Land geblieben ist, sind die Menschen mit ihrer Warmherzigkeit. »Wie sehr sie sich um Gäste sorgen, bemühen, kümmern, ist schon erstaunlich«, sagt Daniel. »So aufopferungsvoll verhält sich zu Hause kaum jemand.« Also: Warum nicht einfach mal nach Russland?!
Artikel vom 08.11.2005