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Traumrolle muss erst entstehen

Multitalent Gustav Peter Wöhler hat mit »Cabaret« in Hamburg Premiere

Von Dorit Koch
Hamburg (dpa). Überrascht hat Gustav Peter Wöhler (49) sein Publikum schon oft. Tagsüber mag der in Herford geborene und in Hamburg lebende Künstler - aus Film und Fernsehen bekannter Charakterkopf - aussehen wie ein biederer Beamter.

Doch wirbelt er abends als Sänger über die Bühne, wirkt das witzig und charmant zugleich. »Klein, dick und sexiest man alive«, schwärmen die Fans des Musikers. Die Anhänger des Schauspielers lieben sein komödiantisches Talent. Jetzt wartet eine Paraderolle auf den 49-Jährigen, der den TV-Zuschauern aus »SK Kölsch« vertraut und im Kino derzeit in Doris Dörries »Der Fischer und seine Frau« zu sehen ist: Am St. Pauli-Theater schlüpft er in die Rolle des »Cabaret«-Conférenciers und kann Gesang und Spiel vereinen.
Eine Traumrolle für Wöhler - »aber nicht von Anfang an«, erzählt er vor der Premiere an diesem Mittwoch. Zunächst sei er von dem Angebot nicht begeistert gewesen, habe ihn der schon so oft gespielte Musical-Klassiker nicht besonders gereizt. Aber »Traumrollen« kennt der renommierte Darsteller sowieso nicht. »Die entstehen bei mir immer erst bei der Arbeit, wenn ich ein Drehbuch lese oder mit Proben beginne«, sagt er. Bei der Inszenierung des Stücks, das bereits 1966 als Musical am Broadway Premiere feierte, ging es ihm genauso. »Die Rolle des Conférenciers kommt mir als Schauspieler, Sänger und Entertainer natürlich sehr entgegen.«
Das Musical über das amüsiersüchtige Berlin am Vorabend des Dritten Reiches basiert auf dem autobiografischen Roman »Good bye to Berlin« von Christopher Isherwood. Vor allem die Verfilmung mit Liza Minelli (Sally Bowles) und Joel Grey (Conférencier) von 1972 machte die Geschichte und Lieder wie »Willkommen, Bienvenue, Welcome« weltbekannt. »Ich kenne kaum ein Musical, dass so grandiose Songs hat«, schwärmt auch Wöhler. Zudem gefällt ihm der ernste Hintergrund, oft würden Musicals als heitere Geschichten dargestellt.
Insgesamt haben nach Meinung Wöhlers der Regisseur Ulrich Waller und die Schauspieler eine »gute Melange gefunden, bei der die Spielszenen nicht wie sonst bei Musicals ins Hintertreffen geraten.« Sein Herz schlägt ohnehin für die Schauspielerei ebenso wie für die Musik, und er ist in beiden Metiers gefragt. »Ich muss mir nicht aussuchen, was ich machen möchte, sondern ich kann wirklich wählen. Das ist natürlich ein Luxus.« Mit seiner »Gustav Peter Wöhler Band« geht er regelmäßig auf Tour, singt Cover-Versionen von Rock- und Pop-Songs. Gedreht hat er ebenfalls wieder: Im Kino ist er 2006 in »Urlaub vom Leben« und Ottos zweitem Teil der »Sieben Zwerge« zu sehen, im TV-Film »Der beste Lehrer der Welt« als Direktor.
Auch ein Produktion mit Doris Dörrie, für die er schon bei »Bin ich schön?« und »Erleuchtung garantiert« vor der Kamera stand, ist geplant. Und stetig wächst die Fan-Gemeinde des Mannes, der früher nie ins Rampenlicht wollte.

Artikel vom 01.11.2005