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Kämpfer für die Solidarität

Hildebrandt-Preis an Dr. Heiner Geißler und Ottmar Schreiner


Von Michael Diekmann und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Sie sind nicht stromlinienförmig, sondern bisweilen ziemlich eckig, Männer mit Krallen, die ihre Parteivorsitzenden so manches Mal zur Weißglut getrieben haben. Sie haben Prinzipien, für die sie mit Nachdruck kämpfen. Genau dafür bekamen der CDU-Streiter Dr. Heiner Geißler und der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner in Bielefeld den Regine-Hildebrandt-Preis für Solidarität bei Arbeitslosigkeit und Armut.
Laudator Dr. Norbert Blüm nutzte die Gelegenheit, vor einem Publikum mit zahlreichen Interessenvertretern mit Nachdruck die Bedeutung und Beachtung der solidarischen Komponente einzufordern. Es gehe nicht um Produktivität, sondern um den Menschen. Selbst die Erfinder der Marktwirtschaft seien intelligenter »als ihre neoliberalen Kinder«, betonte Blüm. Deshalb seien es auch nicht die Schreiners und die Geißlers, die als Nachzügler hintenan stünden, sondern die Neoliberalisten, die allenfalls einer zeitlich limitierten Erscheinung nachrennten. Blüm stellte die beiden Preisträger als Repräsentanten bester Hildebrandt-Tradition heraus. Die »MutterCourage« aus Brandenburg hatte stets zur Solidarität aufgefordert.
Viele ihrer Ideen sind jetzt in einer Biographie nachzulesen, die der Witwer der verstorbenen Sozialexpertin beiden Preisträgern als interessante Lektüre auf den Heimweg mitgab. Norbert Blüm indes kann mit der Lektüre erst am Abend nach dem Festakt beginnen: Der CDU-Rentenprofi, der sich am Rande der Veranstaltung ausgiebig mit Günter Garbrecht, dem Bielefelder SPD-Sozialexperten des Landtags, austauschte, war mit dem Auto angereist und hatte sich »durch die City gestaut«. Dr. Heiner Geißler erkundigte sich augenzwinkernd, ob denn auch CDU-Mitglieder anwesend seien - und traf auf Dr. Johannes Kramer. Der langjährige Sozialdezernent ist heute Klinikchef.
Und während Geißler am Abend zurück in die Südpfalz reist, um von dort die Koalitionsrunden in Berlin zu verfolgen, startet Blüm am Samstag nach Sarajevo, zu einer Tagung über Zukunftsperspektiven der einstigen Olympiametropole.
Beim Festakt der Stiftung Solidarität, deren erste Preisträgerin vor neun Jahren die heutige Namenspatronin Regine Hildebrandt war, unterstrichen alle Redner von Bürgermeister Horst Grube bis zu Jörg Hildebrandt und Gastgeber Franz Schaible (GAB) die dringende Notwendigkeit, in der großen Politik ebenso wie in der globalen Konzernwirtschaft die menschliche Komponente nicht aus dem Blick zu verlieren. Blüm: »Es darf nicht sein, dass Börsenkurse steigen, wenn Menschen entlassen werden.« Beide Preisträger nutzen ihre 10 000 Euro deshalb, um einzelne Projekte zu fördern. Vertreter der Initiativen aus Saarlouis und Berlin-Hellersdorf waren eigens Gäste in Bielefeld.

Artikel vom 29.10.2005