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OWL-Bekleidungsindustrie zuversichtlich

Unternehmen sehen Chancen im Export und im Aufbau weiterer eigener Verkaufsfilialen

Von Edgar Fels
Bielefeld/Halle/Herford (WB). Qualität, Marke, Internationalisierung - namhafte Unternehmen der ostwestfälischen Bekleidungsindustrie setzen im globalen Wettlauf um Kunden mehr denn je auf diese drei Trümpfe. Dabei produziert niemand mehr, von Ausnahmen abgesehen, in Deutschland.
Designer bei der Arbeit: In diesen Tagen wird die Mode für die Herbst/Wintersaison 2006 entworfen. Fotos: Edgar Fels

Die Fabriken der OWL-Firmen stehen heute in Asien und Südosteuropa. »Anders könnten wir für unsere Ware nicht die Preise bieten, die die Kunden bereit sind zu zahlen«, sagt Sigurd W. Gräf, Geschäftsführer von Leineweber (Brax) in Herford.
Zu den Top fünf unter den Bekleidungsherstellern in der Region gehören Seidensticker (700 Mitarbeiter) in Bielefeld, Gerry Weber (1700) in Halle sowie Ahlers (3900), Leineweber/Brax (1200) und Brinkmann (1320) in Herford. Sie haben in den vergangenen fünf Jahren, in denen viele Mitbewerber der Branche wegen des Preisdrucks in die Knie gezwungen wurden, am Markt überlebt - und präsentieren sich heute zuversichtlich. Beim Arbeitsplatzabbau sei die Talsohle erreicht, hieß es.
»In den vergangenen zwei Jahren sind die Preise unserer Ware um 20 Prozent gesunken«, beklagt der Haller Modemacher Gerhard Weber. »Da muss jeder für sich seinen Königsweg finden.« Um Kosten zu sparen, hat der börsennotierte Konzern (Gerry Weber, Taifun und Samoon) zuletzt seinen Vertrieb ausgelagert. Die Fertigware aus China oder Rumänien kommt nun über das Lager eines Spediteurs in Osnabrück in die Geschäfte.
Immer wichtiger werden für die Bekleidungshersteller eigene Verkaufsflächen, auf denen sie ihre Marken anspechend anbieten können. »Das Thema Fläche ist das Zauberwort der Branche«, sagt Stella Ahlers, Vorstandschefin der Ahlers AG. Ihr Unternehmen (Otto Kern, Eterna, Jupiter) verfüge bereits über 810 dieser Flächen in Deutschland, im Ausland seien es 225. Gerry Weber plant, die Zahl der Eigenfilialen von 93 auf bis zu 400 in den nächsten vier Jahren auszubauen.
Auch die Firma Leineweber/Brax (Hosen, Strick), plant 2006 zusätzlich zu den 762 »Brax«-Flächen eigene Verkaufs-Filialen. »Dazu gründen wir eine eigene Gesellschaft«, sagt Geschäftsführer Wolfgang Drewalowski und versprach »ordentliche Stores«. »Wenn wir das machen, dann richtig.«
Brax, das am Stammsitz in Herford über eines der weltweit modernsten Hochregallager verfügt, verdient gut. »Wir haben eine Erfolgsstory hinter uns«, schwärmt Drewalowskis Geschäftsführer-Kollege Gräf. Der Umsatz (2004: 189 Millionen Euro) werde in diesem Jahr gut sieben Prozent höher ausfallen, seit 1997 hat er sich verdoppelt. Bereits in diesem Jahr würden die Planungen für 2008 erreicht. Die Jahresproduktion betrage 5,8 Millionen Teile. Als eines der wichtigsten Ziele hat sich Brax vorgenommen, in den nächsten drei bis fünf Jahren die Exportquote von 25 auf 40 Prozent zu erhöhen.
Diesen Wert - genau genommen 42 Prozent Exportquote - hat die Brinkmann-Gruppe (bugatti, Eduard Dressler, Pikeur) bereits erreicht. Auch der Umsatz entwickelt sich positiv. Klaus Brinkmann, Geschäftsführender Gesellschafter: »Wir peilen ein Umsatzwachstum von fünf Prozent auf 245 Millionen Euro an.« Für die wohl bekannteste Marke »bugatti« hat Brinkmann 13 Lizenzen vergeben, so etwa für Schuhe, von denen jährlich 300000 Paar im Umlauf sind, oder für Handytaschen (100000 Stück). Auch Kravatten, Matratzen und Bademäntel laufen unter »bugatti«. Nicht dagegen Brillen, die dem Autohersteller Bugatti zuzurechnen sind. Produktmanager Jürgen Möller: »Wir hätten gerne die Lizenz für Parfüm vergeben. Leider dürfen wir das rechtlich nicht.«
Im Gegensatz zu den meisten Mitbewerbern produziert Brinkmann auch noch in Deutschland: Anzüge, Sakkos, Maßkonfektionen. Partnerschaften ohne finanzielle Beteilung hat die Gruppe unter anderem mit Werken in Polen, Bosnien und Indonesien.
Ganz anders der Hemdenspezialist Seidensticker (Dornbusch, Redford, Jacques Britt), der in dieser Woche eine neue Produktionsstätte in China eröffnete. Seidensticker habe eine aufwändige Qualitätskontrolle aufgebaut, sagt Geschäftsführer Detlef Adler. Pro Hemd gebe es 142 Konrollen.
Nach Angaben der Zukunftsinitiative Textil NRW sind in Ostwestfalen-Lippe 3700 der insgesamt 9800 Beschäftigten der Bekleidungsindustrie in ganz NRW angestellt. Sie setzten 2004 etwa eine Milliarde Euro (2,7 Milliarden in ganz NRW) um.

Artikel vom 29.10.2005