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Erde überholt
Mars auf der
Innenbahn

Der Sternenhimmel im November

Von Reinhard Wiechoczek
Paderborn (WB). Wer aufmerksam den monatlichen Sternenhimmel dieser Zeitung verfolgt, wird sich mitunter wundern, wie die Rechtschreibung in den Sternkarten als auch in den Texten variiert. Das hat allerdings nichts mit der immer noch umstrittenen Rechtschreibreform zu tun, sondern ist ein Ergebnis der wissenschaftlichen Verankerung astronomischer Fachsprache.

Viele Bezeichnungen und Namen haben arabische, griechische, lateinische Ursprünge und die moderne Wissenschaftssprache ist Englisch, so dass tatsächlich innerhalb deutschsprachiger Veröffentlichungen keine verbindliche Einheit besteht. Meinen wir beispielsweise den nächsten Nachbarstern unserer Sonne, schreiben wir Alpha Centauri. Alpha ist der erste Buchstabe im griechischen Alphabet und steht für den hellsten Stern in einem Sternbild. Centauri ist der Genitiv des lateinischen Centaurus; auf Deutsch: Zentaur. Die sprachliche Vielfalt indes beeinträchtigt in keiner Weise die sprichwörtliche Exaktheit der Astronomie; man könnte auch philosophieren: Die bunte und damit keinesfalls fehlerhafte Rechtschreibung ist Ausdruck universalen Reichtums.
Die Sonne sinkt jetzt von -14,4¡ auf -21,6¡ unterhalb des Äquators. Am 23.11. um 9.00 Uhr tritt sie aus der Waage in den Skorpion und verlässt diesen schon wieder am 29.11. um 22.00 Uhr, wenn sie über die Grenze zum Schlangenträger wechselt. Als Neumond steht der Erdtrabant am 2.11. (02.25 Uhr) in der Waage. Das Erste Viertel zeigt der Mond am 09.11. (02.57 Uhr) im Steinbock, der Vollmond residiert am 16.11. um 01.57 Uhr im Stier, während das Letzte Viertel am 23.11. (23.11 Uhr) im Löwen erst in der zweiten Nachthälfte sichtbar wird.
Venus erreicht am 3.11. mit 47 Grad den größtmöglichen östlichen Winkelabstand zur Sonne (östliche Elongation) und steigert als »Abendstern« im Sternbild Schütze die Helligkeit auf -4.6m. Mars gelangt am 7.11. im Sternbild Widder in Opposition zur Sonne, denn die schnellere Erde überholt ihn jetzt auf der Innenbahn. Der Mars steht also der Sonne genau gegenüber, beobachtbar -2.3m hell während der gesamten Nacht.
Der 0.2m helle Saturn wird am 22.11. stationär und dann rückläufig im Krebs. Im Westen sehen wir immer noch das Sommerdreieck der jeweiligen Alpha-Sterne von Adler, Leier und Schwan. Der Große Wagen scheint, wie immer rückwärts, am Nordhorizont zu fahren und lenkt den Blick zu den östlichen Zwillingen mit Castor und Pollux. Von hier aus verläuft die Ekliptik steil nach Südwest durch den Stier mit den offenen Sternhaufen Hyaden und Plejaden, weiter durch den unscheinbaren Widder zu den Fischen und schließlich über den Wassermann zum Steinbock.
Im Herbst spannt sich die Ebene der Milchstraße ebenfalls von Ost nach West, verläuft aber im Gegensatz zum Äquator hoch über den Zenit. Von den genannten Zwillingen aus schweift das milchige Band durch den Fuhrmann mit der hellen Capella, durch den Perseus mit den offenen Sternhaufen h und chi, weiter durch die Kassiopeia bis hin zu Adler und Schwan. In südlicher Paradeposition dominiert das große Viereck des Pegasus mit der anschließenden Andromeda, dem Standort des prominenten Andromedanebels M31.
Vom 14. bis 21.11. schwärmen die Leoniden-Sternschnuppen mit dem Maximum vom 17. auf den 18.11., beste Beobachtungszeit jeweils gegen 3.00 Uhr.

Artikel vom 29.10.2005