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Jetzt droht
dem Ehemann
lebenslänglich


Zeuge belastet Angeklagten schwer

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Mordprozess ohne Leiche: Der alles entscheidende Zeuge des Verfahrens hat am Freitag den angeklagten Alexander F. (28) aus Augustdorf vor dem Landgericht Detmold erheblich belastet. Alexander F. soll vor fünf Jahren seine schwangere Ehefrau Bianca (22) im Streit getötet und die Leiche versteckt haben.
Alexander F. (28): Montag geht sein Prozess weiter.
Nach dem Verschwinden der Frau war der Ehemann schon im Sommer 2000 unter Verdacht geraten. Er hatte jedoch behauptet, er sei in der vermuteten Tatnacht bei seinem Jugendfreund Mehmet A. in Neubeckum gewesen, was der Kurde bestätigte.
Die Ermittlungen waren damals im Sande verlaufen. Als sie im vergangenen Jahr wieder aufgenommen wurden und Polizisten Ehemann Alexander F. aufsuchen wollten, staunten sie nicht schlecht: Alibizeuge Mehmet A. öffnete ihnen die Tür - er lebte unter der Identität seines Freundes Alexander, der nach England ausgewandert war. So war der Kurde seiner Abschiebung entgangen.
Mehmet A. (29) wurde in die Justizvollzugsanstalt Detmold gebracht, wo er sich mit dem Kurden Engin C. (28) anfreundete - und schließlich redete. Engin C., ein inzwischen verurteilter Drogendealer, ist der Hauptbelastungszeuge. Er sagte am Freitag: »Mehmets Familie schmuggelte ihm regelmäßig Hasch ins Gefängnis. Wenn Mehmet abends am Zellenfenster seine Pfeife rauchte, wurde er redselig.« Dabei habe Mehmet ihm erzählt, dass sein Freund Alexander vor Jahren seine schwangere Frau getötet habe, weil er das Baby nicht haben wollte und mit ihr darüber in Streit geraten sei. »Er sagte, Alexander habe ihn gebeten, ihm ein Alibi zu geben, falls die Polizei Ermittlungen anstellen sollte.« Mehmet habe weiter erklärt, er und Alexander seien »wie Brüder«. Deshalb werde er nie gegen ihn aussagen. »Ein anderes Mal sagte Mehmet zu mir: Die werden die Leiche nie finden!« Mehmet habe ihm außerdem erzählt, dass er die Papiere von Alexander F. bekommen habe, um damit unbehelligt in Deutschland zu leben. Tatsächlich hatten Polizisten bei dem Kurden ein Zeugnis über ein Schülerpraktikum, eine Heiratsurkunde, einen Lebenslauf, ein Abschlusszeugnis, einen Personalausweis, einen Pass und eine Krankenkassenkarte der IKK Detmold sichergestellt - alle auf den Namen Alexander F.
Engin C. hatte sich an die Polizei gewandt, weil er sich Vorteile für sein Verfahren erhofft hatte. Der Verteidiger des Angeklagten versuchte Freitag vergeblich, die Darstellungen des Zeugen zu erschüttern.
Rechtsanwältin Christiane Herzog, die die Eltern der vermissten Frau vertritt: »Die vielen Details konnte der Zeuge nur von jemandem erfahren haben, der Kontakt zum Täter hatte. Nach dieser Aussage kann niemand mehr an der Schuld des Ehemanns zweifeln.«

Artikel vom 29.10.2005