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Iran hetzt erneut gegen Israel

Massendemonstrationen in Teheran - Tel Aviv fordert UN-Sondersitzung

Teheran/Jerusalem (Reuters). Trotz scharfer internationaler Kritik hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Freitag seinen Aufruf zur Zerstörung Israels bekräftigt. Tausende Iraner unterstützten seine Haltung bei anti-israelischen Massendemonstrationen.

Zuvor hatte die iranische Botschaft in Moskau eine offizielle Erklärung veröffentlicht, in der die Aussagen des Präsidenten abgeschwächt wurden. Israel forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates, der die iranischen Beleidigungen stoppen müsse.
Ahmadinedschads Äußerungen haben weltweit Empörung ausgelöst und das Misstrauen verschärft, die Islamische Republik arbeite an Atomwaffen. Selbst der enge iranische Verbündete Russland deutete nun Verständnis dafür an, dass der Atomkonflikt im Sicherheitsrat beraten werden müsse. Das Gremium kann Sanktionen verhängen.
Es stehe den westlichen Staaten frei, seine Äußerungen zu kommentieren, sagte Ahmadinedschad am Rande der Großdemonstration in Teheran. »Ihre Reaktionen sind aber falsch. Meine Worte waren die Worte der iranischen Nation.« Vor zwei Tagen hatte er in einer Rede dazu aufgerufen, Israel von der Landkarte zu tilgen. Zugleich äußerte er die Erwartung, die Palästinenser würden den jüdischen Staat in einer neuen Welle der Gewalt auslöschen.
Die Demonstranten riefen bei ihrem Zug durch Teheran anti-israelische Parolen und verbrannten israelische Flaggen. Ahmadinedschad ließ sich für kurze Zeit sehen und begleitete den von der Regierung veranstalteten Marsch ein kleines Stück. Die Proteste finden jährlich landesweit anlässlich des Jerusalem-Tages statt, den der Iran zum Ende des Fastenmonats Ramadan begeht.
Die Palästinenser erheben Anspruch auf die Stadt, Israel hat sie aber zu seiner Hauptstadt gemacht. »Palästina, Palästina, wir unterstützen Dich,« rief die Menge. »Wir sind bereit, für Palästina zu sterben. Ahmadinedschad spricht im Namen aller Iraner,« betonte der 25-jährige Mohammed Mirsaji, Mitglied der Basidschi-Miliz, die notfalls mit Gewalt konservative islamische Regeln wie die Verschleierung von Frauen durchsetzt.
Viele Milizionäre - Frauen und Männer - nahmen in Tarn-Uniformen an den Protesten teil oder trugen als Symbol für ihre Bereitschaft zu Selbstmordattentaten weiße Totenhemden.
In der in Moskau veröffentlichten Erklärung hieß es beschwichtigend, Ahmadinedschad habe nicht die Absicht gehabt, sich »in solch scharfen Worten« gegen Israel auszusprechen und damit einen Konflikt auszulösen. Der Präsident habe lediglich eine grundsätzliche Haltung des Landes betont, wonach in den besetzten palästinensischen Gebieten freie Wahlen stattfinden müssten. Die Botschaft in Moskau ist eine der größten des Irans weltweit und wird von der Regierung in Teheran regelmäßig als außenpolitisches Sprachrohr genutzt.
Die israelische Regierung forderte, die Welt dürfe die Augen nicht vor den Drohungen aus Teheran verschließen und müsse »die iranischen Spielchen ein für alle Mal beenden«. Israel habe deswegen eine breite diplomatische Offensive gestartet, sagte Außenminister Silwan Schalom.
Gegen einen Ausschluss des Irans wandte sich der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler. Der Schritt sei nicht angemessen, da die Auseinandersetzung mit dem Iran bei den UN geführt werden sollte. Der Konflikt sei jedoch durchaus ein Thema, der vor das mächtigsten Gremium der UN gehöre. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 29.10.2005