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Nein, die letzten Wochen im Arbeitsleben habe er nicht mit dem Kalender in Sichtweite verbracht und die Tage bis zur Pensionierung gezählt. »Das habe ich mir ganz bewusst verkniffen«, sagt Hartmut König, »sonst wäre ich bei der Fülle der von mir noch zu erledigenden Aufgaben ganz nervös geworden.« Die vergangenen mehr als 13 Jahre als Vorsteher des Hauptzollamtes seien sicher die verantwortungsvollste, aber auch erfüllteste Zeit gewesen. Selbstverständlich sei es wunderbar, demnächst für die Familie mehr Zeit zu haben, doch »ich habe den Entschluss, den Rat meines Vaters zu befolgen und zur Zollverwaltung zu gehen, nie bereut«. Denn beim Zoll, sagt der 62-Jährige, hat man immer die Hand am Puls der Wirtschaft.
In der Tat, die Aufgaben des Zöllners von heute haben mit dem Beamten, der früher am Schlagbaum an der Grenze stand und Gebühren vom einreisenden Kaufmann forderte, nicht mehr viel zu tun. Ein- und Ausfuhren werden beim Hauptzollamt Bielefeld und seinen zehn angegliederten Zollämtern natürlich noch immer abgefertigt, auch Steuern spielen keine geringe Rolle. Fällt doch in den Zuständigkeitsbereich des hiesigen HZA die Zentrale Steuerzeichenstelle in Bünde, wo bundesweit die Tabaksteuern erhoben werden. Das seien, sagt Vorsteher Hartmut König, im vergangenen Jahr immerhin 13,7 Milliarden Euro gewesen.
Und die Prüfungsdienste des Hauptzollamtes von der Werner-Bock-Straße sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Dann zum Beispiel, wenn die Mobile Kontrollgruppe (MKG) mal wieder in einem Lkw auf der Autobahn 2 hunderte Stangen von Schmuggelzigaretten sicherstellt. Oder wenn die Ermittler von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit bei Razzien Lohnsklaverei der übelsten Sorte aufdecken.
Weniger bekannt, weiß Hartmut König, sei, dass der Zoll auch der Gerichtsvollzieher des Bundes sei. Allein im vergangenen Jahr seien um die 80000 Vollstreckungsaufträge abzuarbeiten gewesen.
Drückt man die Tätigkeiten der sieben Sachgebiete des Hauptzollamztes Bielefeld in Zahlen aus, dann kommt unter dem Strich ein gewaltiger Betrag zusammen. 593,6 Millionen Euro wurden vergangenes Jahr an Zöllen und Steuern eingenommen. Wobei die so genannten EU-Steuern den »dicksten Brocken« ausmachen: 305,15 Millionen Euro.
»Man hat als Zöllner die Möglichkeit, sich sehr breit zu tummeln. Die Aufgaben sind sehr vielfältig«, rückt Hartmut König das falsche Bild vom Zollbeamten als »Schreibtischtäter« zurecht. In seinen mehr als 43 Dienstjahren habe sich die Bundesbehörde gewaltig verändert: Von den Anfängen der damaligen EWG in den 60-er Jahren über den Fall des Eisernen Vorhangs und den Wegfall der EU-Binnengrenzen bis zur neuesten Großaufgabe, die Bekämpfung der Schwarzarbeit.
»Mir macht die Arbeit nach wie vor Freude«, betont Hartmut König. Aber andererseits freue er sich auch darauf, was nach der Pensionierung komme. Denn: »Wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, dann stehen private Interessen hinten an«, bilanziert der Hauptzollamtsvorsteher kurz vor Eintritt in den Ruhestand.
Letzteren wird der zweifache Vater und fünffache Opa vor allem mit der Familie verbringen. Bleibt dann noch Zeit, will sich der 62-Jährige seinen Hobbys Geschichte und Ausdauersport widmen. Außerdem soll es mit der Gattin auf Reisen gehen. Die wunderschöne griechische Insel Kreta ist eines der Ziele, die Hartmut König im nächsten Jahr schon ganz fest eingeplant hat.

Artikel vom 29.10.2005