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Rechtschreibreform

Alles wieder im Fluß?


Wieder einmal wird auf der Großbaustelle namens Rechtschreibreform schweres Gerät aufgefahren. Diesmal rütteln Sprachpuristen sogar an den Fundamenten des noch immer wackeligen Reformgebäudes. Selbst über die bereits als endgültig erachtete Groß- und Kleinschreibung (heute abend - heute Abend) und Doppel-s- statt ß-Schreibung wird wieder diskutiert - wenn auch (noch) nur von einer Minderheit im Rechtschreibrat. Ist jetzt alles wieder im Fluss - oder gar im Fluß?
Mit jeder Sitzung des Rechtschreibrates wächst die babylonische Orthographie-Verwirrung. Die Generation der Deutschen, die mit der »alten« Rechtschreibung groß geworden ist und sich mühsam an die neuen Regeln zu gewöhnen sucht, verliert nach der wiederholten Reform der Reform endgültig den Überblick. Ganz zu schweigen von jenen Schulkindern, die die »neue« Rechtschreibung als unverbindlich-gültig gebüffelt haben und nun umlernen müssen.
Voreilig haben 14 von 16 Bundesländern die Reform am 1. August in ihrer vorläufigen Form als »verbindlich« eingeführt. Das war ein Fehler. Nordrhein-Westfalen hat ihn zum Glück nicht gemacht.
Zyniker können der Dauerreform immerhin ein Gutes abgewinnen: Sie wirkt wirtschaftsfördernd. Der Duden-Verlag darf sich schon jetzt freuen. Sein Standardwerk wird auch in der nächsten Auflage nach der nächsten Reform ein Kassenschlager. Andreas Kolesch

Artikel vom 29.10.2005