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Amputation gerade noch verhindert

Verlorengeglaubten Fuß mit neuer Therapie gerettet - Diabetikerin überglücklich

Von Christian Althoff
Versmold (WB). Marion Hoppe strahlt. Nach fünf Wochen im nordrhein-westfälischen Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen darf sie wieder nach Hause - und zwar auf eigenen Füßen. »Ich bin glücklich!«, sagt die 41-Jährige, der noch vor sechs Wochen erklärt worden war, ihr linker Fuß müsse amputiert werden.
Marion Hoppe freut sich, und Dr. Dirk Lammers ist zufrieden: Nach fünf Wochen Klinikaufenthalt darf die Versmolderin in der kommenden Woche nach Hause. Ihr linker Fuß, dem die Amputation drohte, konnte gerettet werden. Foto: Althoff

Vor fünf Jahren hatte ein Arzt bei der Schneiderin aus Versmold (Kreis Gütersloh) Diabetes festgestellt. »Seitdem habe ich viele Bücher über die Krankheit gelesen. Ich wusste, dass schon eine kleine Verletzung am Fuß lebensgefährliche Folgen haben kann, weil Wunden bei Diabetikern oft nicht verheilen, sondern immer größer werden«, erzählt die Frau. Deshalb war sie im September auch sofort zum Arzt gegangen, als sie unter ihrem linken Fuß eine stecknadelkopfkleine Verletzung entdeckt hatte.
Doch die winzige Wunde hatte bereits zu einer Infektion geführt, die immer weiter um sich griff. Zehn Tage versuchten Ärzte im Krankenhaus Versmold vergeblich, die Entzündung zu stoppen. »Sie hatten mir bereits gesagt, dass sie wahrscheinlich meinen Vorfuß amputieren müssten, um nicht mein Leben zu riskieren«, erinnert sich die Patientin.
Doch dann entschieden sich die Mediziner, nichts unversucht zu lassen und die 41-Jährige nach Bad Oeynhausen zu verlegen. »Das war genau richtig«, sagt Oberarzt Dr. Dirk Lammers, der im Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen für die Versorgung von Patienten mit Wundheilungsstörungen verantwortlich ist. »Von solchen Störungen sind zwei Drittel aller Diabetiker betroffen«, weiß der Arzt. Bei der Aufnahme der Versmolderin habe eine acht Zentimeter lange und sehr tiefe Wunde unter dem Fuß geklafft, erinnert er sich. »Die schwere Entzündung hatte bereits auf den Knochen übergegriffen.«
Ein Arzt reinigte die Wunde und entfernte ein kleines Stück zerstörten Knochens. Dann bekam Marion Hoppe hochdosierte Antibiotika und unterzog sich der sogenannten Magellan-Therapie - einem neuartigen Verfahren, das erst bei etwa 30 Patienten eingesetzt worden ist. Dirk Lammers: »Wir haben Frau Hoppe 50 Milliliter Blut aus dem Arm entnommen. Daraus wurde mit einem Spezialgerät ein Gel hergestellt, das eine sehr hohe Konzentration körpereigener Wachstumsfaktoren enthält.« Sechs Milliliter dieses Gels gab der Arzt in die offene Wunde und deckte sie mit einem Verband ab. »Innerhalb von drei Wochen hat sich die Wunde nun selbständig geschlossen und ist zugewachsen«, erklärte der Arzt, nachdem er den Fuß gestern noch einmal untersucht hatte. »Ohne die Maggellan-Therapie hätte uns eine solche Wunde vier bis fünf Monate beschäftigt, wobei ich nicht sagen kann, ob das Ergebnis dann so gut gewesen wäre wie jetzt.«
In den kommenden Tagen werden Marion Hoppe in der Klinik noch orthopädische Schuhe angepasst. Sie sollen verhindern, dass sich Druckstellen bilden, die erneut zu Entzündungen führen können. Dann wird die 41-Jährige nach Hause entlassen. »Ich bin den Ärzten unendlich dankbar, dass ich nicht mit 41-Jahren einen Fuß verloren habe«, sagt die Diabetikerin.

Artikel vom 28.10.2005