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Ingo Schulze hegt beste
Erinnerungen an Bielefeld

Der Schriftsteller: »Die wussten alles über mich!«


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Ingo Schulze (43) hat allerbeste Erinnerungen an Bielefeld. Mit seinem Bestseller »Simple Storys« war er (»1998 oder 1999 wird das gewesen sein«) in der Großstadt zu Gast im Carl-Severing-Berufskolleg für Elektrotechnik.
Gestern Abend, vor seiner Lesung aus seinem erst vor wenigen Tagen erschienen Buch »Neue Leben« in der Zentralbibliothek, erzählte er: »Die Schüler hatten sich intensiv mit 'Simple Storys' beschäftigt, waren im Ort der Handlung, in Altenburg, gewesen und servierten mir Altenburger Bier - die wussten einfach alles über mich!«
Gestern Abend überwog bei den etwa 100 Zuhörern die Neugier auf das neue Buch. Ingo Schulze nahm es niemandem übel, wenn er es noch nicht gelesen hatte: »Es ist immerhin 800 Seiten dick.« Er selbst hat sieben Jahren für das Buch gebraucht: »Da ist man froh, wenn es vorbei ist.« Die Kritiken zur Frankfurter Buchmesse seien gut gewesen, sagt er, das habe schon »etwas Druck« von ihm genommen. Jetzt, bei den Lesungen - zunächst in Altenburg, dann in Berlin, gestern in Bielefeld - lerne er »das eigene Buch so richtig kennen«: »Durch die Reaktionen der Zuhörer.«
Ein neues Projekt habe er bislang noch nicht in Angriff genommen: »Ich habe da zwar Ideen, weiß aber noch nicht, ob sie sich umsetzen lassen.« Für ihn sei es aber wichtig, über eine Zeit zu schreiben, die er auch selbst erlebt habe: »Weil ich mich da auskenne.« Der Enrico Türmer, »Held« seines neuen Buches, habe einiges von seinem eigenen Leben, aber »seine Sichtweise ist eine andere als meine eigene«.
»Neue Leben« sei ein »sehr heutiges Buch«. Es beschreibe zwar die Zeit der Wiedervereinigung von 1989/1990, die Anpassung an den Westen, den Prozess des Übergangs. Der lasse sich aber auch übertragen auf die Konfrontation mit dem westlichen Lebensstil, die die Menschen zum Beispiel jetzt in China oder Indien erleben würden.
Demnächst reist Ingo Schulze mit dem Literarischen Kolloquium Berlin nach Japan, nach Tokio und Osaka. Er hofft, dass seine Bücher möglicherweise auch dort erscheinen. So wie in Korea. Der Schriftsteller: »Dort war ich schon, zwei meiner Bücher sind auf Koreanisch erschienen.«

Artikel vom 28.10.2005