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Das Staunton-Memorial in London gewann Jonathan Levitt, der sich vor dem Favoriten Jonathan Speelman und dem 15-jährigen GM David Howell durchsetzte. Dem verdienstvollen »Schachmagazin 64« ist Levitts Prachtpartie gegen Howell entnommen, ein Königstreiben, das aus der Zeit Howard Stauntons stammen könnte.


Französisch

Weiß: Howell
Schwarz: Levitt

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2 c5 4.ed5 Dd5 5.Sgf3 cd4 6.Lc4 Dd6 7.De2 7.0-0 Sc6 (7...e5? 8.Se5) 8.Sb3 ist die übliche und bessere Fortsetzung. 7...Sc6 8.Sb3 Le7 9.Ld2 a6 10.0-0-0 Sf6 11.Kb1 b5 12.Ld3 Lb7 13.The1 0-0 14.g4 Mangelnden Wagemut kann man dem Teenager ebensowenig vorwerfen wie ängstliches Klammern ans Material. Den Bauern kann man nehmen: 14...Sg4 15.Sfd4 (wenig bringt 15.Tg1 f5 16.h3 Sf6) 15...Sf6 (hochriskant ist ebenfalls 15...Sh2 16.Se6 fe6 17.Dh5) 16.Tg1 Sd4 17.Sd4 Kh8 (17...Dd4 18.Lh6), und Schwarz braucht sich keine Sorgen zu machen. Aber Jonathan Levitt wollte seinem Gegner offenbar nicht allzuviele Chancen geben. 14...g6 15.g5 Sh5 16.Le4 Tfe8 17.Lc1 Dc7 18.Sbd4 Sd4 19.Td4 Le4 20.De4 Lc5 21.Td3 Tad8 Natürlich viel gesünder als 21...Lf2 22.Tf1, was die f-Linie öffnen würde und 22...f5 (22...Lc5 23.Se5) fast erzwänge. Das kann Schwarz nicht wollen. 22.Tc3 Db6 23.Se5 Td5 Droht unübersehbar 24...Ld4. Zu 23...Lf2 24.Tf1 nebst Tcf3 s.o. 24.Sg4 Ted8 25.Tf3 T8d7 26.a3 Lf8 27.Th3 Lg7 28.Tg1 Droht 28.Th5 gh5 (28...Td4 29.De3) 29.Sf6, aber so etwas Grobschlächtiges sieht ein Großmeister natürlich. 28...Dd4 29.Df3 Kf8 30.Se3 T5d6 31.Tg4 Da7 32.Tgh4 Db7 33.De2 Dh1 34.Th5?! Hier war noch Zeit, mit 34.Df3 Df3 35.Tf3 die Notbremse zu ziehen, aber der Angriffswunsch des jüngsten britischen GM ist nach wie vor übermächtig. 34...gh5 35.Dh5 Td1! Etwa 35...a5 ist gut genug, aber Levitt zeigt, dass auch er kombinieren kann. Es kommt zu einem atemberaubenden Partieschluss. 36.Sd1 Td1 37.Tf3 Tc1 38.Ka2 Ta1 39.Kb3 Aus, könnte man denken, Schwarz hat kein Schach mehr, und auf f7 droht Matt (39...Ke7 40.Df7 Kd6 41.Td3). Gar kein Schach? 39...Ta3! 40.Ka3 40.ba3 Db1 matt finden alle. 40...Da1 41.Kb4 Da4 42.Kc5 Ld4 43.Kd6 43.Kc6 Dc4 ist dasselbe. 43...Db4 44.Kc6 Dc5 45.Kd7 45.Kb7 Db6 46.Kc8 Dc6. 45...Da7 46.Kd6 Nach 46.Kc8 Le5 ist 47.Df7 mit Minusfigur erzwungen. 46...De7 47.Kc6 Ke8 Droht 48...Dd7 matt. Weiß gab auf.









S. Herland, DSZ 1913Weiß gewinnt







Lösung der Schachaufgabe von H. Reefschläger:

Der partienahe Spaß startet mit 1.Sd6!, was 2.Lb6 droht (1...Tb5 2.Sb5 oder 2.Lb6), und evoziert 1...Tc3. Dann lenkt 2.De4 den anderen Turm von f5 weg: 2...Te4 3.Sf5 matt.


Die »Meisterpartie« wird geschrieben vom Internationalen Fernschachmeister Christoph Pragua.

Artikel vom 12.11.2005