28.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Ich war das Bauernopfer«

Paderborn: Müller trifft VfL Bochum

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Vom Verein suspendiert, ins Training eingeklagt und schließlich vorzeitig den Vertrag gelöst - 18 Monate stand Paderborns Kapitän René Müller auf der Gehaltsliste des VfL Bochum, heute Abend (19 Uhr, Ruhrstadion) treffen beide »Parteien« erstmals wieder in einem Pflichtspiel aufeinander. Einen stürmischen Empfang erwartet die SCP-Spitze aber nicht mehr: »Das ist viel zu lange her. Ich freue mich eher auf das Wiedersehen.«

Ganz viele »alte Bekannte« wird Müller allerdings nicht mehr im Ruhrstadion antreffen. Zu Torhüter Rijn van Duijnhoven gab es bis vor einigen Monaten noch losen Kontakt, Martin Meichelbeck ist der zweite VfLer, der bereits vor fünf Jahren im Kader des Revierklubs stand. »Die beiden, Präsident Werner Altegoer und Zeugwart Andreas Pahl kenne ich noch, der Rest ist auch für mich neu«, sagt Müller.
»Alt« ist die Geschichte seiner ersten und bis heute einzigen »Freistellung vom Trainingsbetrieb«. Der Angreifer, von Ernst Middendorp 1999 aus Münster geholt, sieht sich heute aber nicht als Täter. »Der Kader war nach unserem Bundesligaaufstieg viel zu groß, außerdem standen wir auf einem Abstiegsplatz, da wollte der VfL ein Zeichen setzen, suchte nach Bauernopfern und leider erwischte es auch mich«, blickt Müller genau fünf Jahre zurück.
Im Oktober 2000 wurden er, Achim Weber und Samir Toplak suspendiert. Alle drei waren nicht fit, alle drei sollen trotzdem den Trainer attackiert haben. Der hieß damals Ralf »Katze« Zumdick (heute Co-Coach von Thomas Doll beim HSV) und war im Dezember 1999 als Nachfolger von Middendorp sowie Interimslösung Bernard Dietz als Cheftrainer auf die Bochumer Bank befördert worden. »Alle Spieler, die nicht im Kader standen, sollten freitags und samstags eine Trainingseinheit absolvieren. Ich sprach Zumdick nur an, ob er nicht beide auf Freitag legen und so den Samstag freigeben könne. Aus dieser Anfrage wurde dann eine Kritik am Trainingsplan des Cheftrainers konstruiert«, erzählt Müller über sein »Vergehen«. Vor fünf Jahren beschäftigte der Fall auch einige Juristen, denn Müller zog vor Gericht, gewann und klagte sich damit wieder ins Training ein, um zwei Monate später aber doch zu gehen: »Eine Zusammenarbeit war nicht mehr möglich.«
Dabei hatte alles so gut begonnen. Erst der Aufstieg im Mai 2000, vier Monate später das erste und bis heute einzige Bundesligaspiel. »Gegen den VfL Wolfsburg stand ich vier Minuten auf dem Platz, berührte zweimal den Ball und war danach nicht nur um eine Erfahrung reicher: Wir gewannen 3:1 und ich kassierte meine erste dicke Prämie.«
Aus dem Erstliga-Kurzarbeiter wurde ein Dauerläufer in der zweiten und dritten Liga. Im Bundesliga-Unterhaus brachte es der 31-Jährige mittlerweile auf 47 Einsätze, in den dreistelligen Bereich soll es in den kommenden Jahren noch gehen. Voraussetzung dafür ist der Klassenerhalt mit dem SC Paderborn 07. »Dafür fehlen noch 22 Punkte, drei wollen wir in Bochum holen«, fordert Müller beim Liga-Primus ganz frech Auswärtssieg Nummer drei.
Das klingt locker und leicht, doch genauso unbeschwert spielte der SCP bislang auch in der Fremde. Eine Tatsache, die auch Pay-TV-Sender Premiere würdigt. Dort ist das heutige Zweitligaduell zwischen dem Erstligaabsteiger und dem Zweitligaaufsteiger das Top-Spiel des Abends.
2. Liga am Freitag: VfL Bochum - SC Paderborn, LR Ahlen - 1. FC Saarbrücken, Eintracht Braunschweig - Sportfreunde Siegen (alle 19 Uhr)

Artikel vom 28.10.2005