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Was Trainer Rapolder
alles zu sagen hat

Kämpfende Kölner landen einen Alternativ-Sieg

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Köln (WB). Wenn Niederlagen eine wackeligen Job sichern, hat es Uwe Rapolder zumindest für den Augenblick überstanden. Das 1:2 des 1. FC Köln gegen Bayern München gefiel auch als die etwas andere Verlustpartie. Eine, die von den Verlierern eher als eine alternative Art von Sieg verbucht wurde. Der Unterschied war nur, dass es dafür keine Punkte in der Tabelle gab.

Dafür machten der Trainer und seine zum sechsten Mal hintereinander, dieses Mal allerdings ehrenhaft besiegten Profis einen Satz in der Sympathieskala bei den Fans. Sie feierten die Mannschaft für ihren großartigen Kampf, den sie dem deutschen Rekordmeister lieferte. Bezwungen wurde sie erst, nachdem Schiedsrichter Lutz Wagner aus Hofheim die Münchner mit einem Eckballgeschenk unterstützte, dessen Folge Michael Ballacks Siegtreffer (74.) war.
Als die Kölner für den Ausgleich schufteten, beurteilte der Unparteiische eine strittige Situation zum zweiten Mal zu Ungunsten des FC. Lucios Handstreich im Strafraum hätte den geprellten Hausherren zu einer freien Einschusschance aus elf Metern verhelfen müssen. Der Trainer schlüpfte danach in die Rolle des Bundesliga-Biologie-Fachwarts, der elementare Kenntnisse über die Beschaffenheit des Menschen für alle verbreitet, die es besonders wissen müssten. Schiedsrichter zum Beispiel. »Es gibt verschiedene Körperteile. Arme und Beine. Das muss man sehen«, lehrte Rapolder. Scharfäugig hatte er dabei auch gesehen, dass Wagner zumindest keine FC-Brille trug: »Es gab drei oder vier Handspiele, die alle nicht gepfiffen wurden.«
Unter dem Strich stand ein Bayern-Dreier, der am Ende zwar glücklich ausfiel, insgesamt jedoch den Machtverhältnissen entsprach. Nach der von Matthias Scherz überraschend erzielten FC-Führung (28.) gerieten die »Geißböcke« zeitweise so heftig in Rücklage, dass ihr 1:0 auch dann kaum über die Runden zu retten gewesen wäre, wenn Lucio nicht schon in der 53. Minute zum Gleichstand getroffen hätte. Dem lauernden Brasilianer fiel ein Kopfball-Wischer des Kölners Rahn maßgerecht vor die Füße.
Der Aufsteiger wehrte sich nach besten Kräften, und so hält das auch sein Trainer. Der 47-Jährige Rapolder blickt auf eine Bilanz von acht Niederlagen in neun Spielen zurück. Da bleibt wohl nur die Flucht nach vorn. Der Fußball-Lehrer hat zwei Probleme in der Domstadt, die ihm schwer zu schaffen machen. Das eine heißt Lukas Podolski, das andere sind die Boulevard-Medien. Mit seiner Abrechnung hat Rapolder, obwohl noch im Amt, schon begonnen: »Ich bin fast 50 Jahre alt und soll mir ständig ein bestimmtes Verhalten vorschreiben lassen und was ich alles ändern muss. Ich bin kein Experimentierfeld für trivial-psycholgische Ausflüge.« Und dann wäre da noch der beispiellose Kult um Nationalangreifer Podolski, den sein sportlicher Leiter schon in seinen Knochen zu spüren glaubt: »Das tut mir inzwischen auch körperlich weh.«
Schmerzlindernd war die Leistung des von den Bayern umworbenen Jungstars auch gegen seinen möglichen neuen Klub nicht. Der Trainer »erwartet keine Wunderdinge«, nur hat Rapolder die abermals blasse Vorstellung des vermeintlichen Superkickers überhaupt nicht gefallen: »Lukas ist nicht zum Abschluss gekommen und hat kein Mal aufs Tor geschossen. Das ist als hängende Spitze zu wenig. Das muss man auch mal sagen dürfen.«
Was es sonst noch zu sagen gibt, und wer was wann schonungslos ausspricht, bleibt nun die Frage. Denn der FC muss seine Negativserie in Wolfsburg stoppen, wenn sein Trainer nicht gleich wieder in die Schusslinie rücken soll. Bei sieben Niederlagen in Serie würde es wahrscheinlich auch nicht mehr für mildernde Umstände sorgen, dass die sechste davon sozusagen außerhalb der Wertung war.

Artikel vom 31.10.2005