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96 und ein paar andere Zahlen

Der Bielefeld-Gast Hannover: Liga-Mittelmaß am WM-Schauplatz 2006

Von Klaus Lükewille
Hannover (WB). Zahlen, die den Standort bestimmen. 11, 14, 10. Das sind die Platzierungen von Hannover 96 nach der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga im Sommer 2002. Dazu passt die aktuelle Tabellenposition. Die Niedersachsen nehmen Rang 12 ein.

Alles im zweistelligen Bereich. Aber damit sind die »Roten« noch lange nicht im grünen Bereich. Denn sie wollen nach oben. Unbedingt. Beim Gastspiel des SV Werder Bremen reckte am vergangenen Samstag ein Fan sogar ganz frech die Meisterschale in die Höhe. Das glitzernde Ding war selbstverständlich nur aus Pappe.
Die richtige Trophäe lag einmal in den Händen der Hannoveraner. Aber das ist verdammt lang her. 1954. Ein Jahr, an das sich nur noch die älteren Anhänger dieses Traditonsclubs mit Wehmut und Glanz in den Augen erinnern.
Damals fertigten die 96er den 1. FC Kaiserslautern im Endspiel 5:1 ab. In den Reihen des Verlierers standen mit Fritz und Ottmar Walter, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel und Werner Liebrich fünf Spieler, die ein paar Wochen später Weltmeister werden sollten.
1954. Das goldene Fußball-Jahr. Für Deutschland - und für Hannover. In ein paar Wochen gibt es einen neuen Kalender. 2006. Wieder ein Weltmeister-Jahr. Und der Geburtstag des niedersächsischen Vorzeige-Vereins. Während sie 1996, bei ihrem runden Feiertag, in die Regionalliga absteigen mussten, träumen sie jetzt beim 110. Fest vom einstelligen Tabellenplatz, ja, sogar von der Uefa-Cup-Qualifikation.
Aber wenn das nicht klappen sollte, wenn Hannover weiter nur im grauen Mittelfeld der Bundesliga mitkicken würde, zum großen Schauplatz wird die Landeshaupt-Stadt 2006 trotzdem. Denn in der Arena rollt der Weltmeister-Ball. Wie damals bei der ersten Endrunde in Deutschland. Wie 1974.
Jahresziffern und andere Daten spielten in Hannover schon immer eine große Rolle. Das fängt beim Namen an. Denn es gibt nur zwei Klubs in diesem Land, die sofort über Zahlen identifiziert werden: 1860 - und »96«. Die »Löwen« aus Bayern und »Roten« aus Niedersachsen, sie haben sich für das Gründungsjahr entschieden, das sie nun stolz in ihren Wappen tragen.
Wobei die »Löwen« lauter brüllen. Achtung, schon wieder Zahlen: 20 630 Mitglieder verzeichnet der TSV 1860 München. Da kommt Hannover nicht mit. Obwohl sie eine große Werbe-Aktion gestartet haben. 4055 ist der aktuelle Stand, ein Zuwachs von 135 Prouzent in den vergangenen 16 Monaten, wie Jörg Voltmer, der Vorstands-Verantwortliche für Vereins-Entwicklung, ganz stolz mitteilte.
Damit rangieren sie in der Liga aber nur auf Abstiegs-Platz 16. Hinter dem Sonntag-Gastgeber Arminia Bielefeld, der hier ebenfalls aktiv ist und inzwischen 4444 »Treue« in der Kartei führt.
Voltmers Aufforderung »Zeigen Sie sich als Roter« ist natürlich nicht politisch gemeint, obwohl der prominenteste Mann dieser Stadt auf genau diesem Parkett und in eben dieser Farbe sieben Jahre lang eine Hauptrolle spielte. Aber Gerhard Schröder hat demnächst mehr Zeit, die Heimpartien von »96« zu besuchen, denn in den Geschäften werden bereits T-Shirts mit der Aufschrift angeboten: »Servus, Kanzler-Stadt.«
Das Ehrenmitglied Schröder, selbst ja früher Stürmer, verfolgt mit besonderer Aufmerksamkeit den Weg eines Abwehrspielers. Per Mertesacker (21) ist der überragende Profi im Hannover-Kader. In jeder Beziehung. Und jetzt kommen, was sonst, schon wieder Zahlen. Mit 1,97 ist der »Größte« natürlich auch der »Längste«. Seit 1995 kickt er für »96«. Bis wann? Werder Bremen zeigt Interesse, Inter Mailand soll schon angeklopft haben. Auf jeden Fall dürfte Mertesacker bei der WM für Deutschland spielen. Und garantiert am Sonntag in Bielefeld.

Artikel vom 29.10.2005