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Den Flügel zum Blühen gebracht

Klavier-Duo Chihiro Masaki und Reiko Nagai-Moritz begeisterte

Von Gustav Adolf Lent
(Text und Foto)
Brackwede (WB). Einen Streifzug durch 100 Jahre Klaviermusik von der romantischen Epoche bis zur Moderne bot ein Klavierabend im Gemeindehaus der evangelischen Bartholomäusgemeinde in Brackwede mit dem Klavier-Duo Chihiro Masaki und Reiko Nagai- Moritz, die als Musiklehrer an verschiedenen Schulen in Gütersloh und Bielefeld tätig sind.

Nach einem kurzen Hinweis des Gastgebers Walter Haverkamp auf die Parallelität des Alters der Musik mit dem des Blüthner-Flügels von 1901, wurde den etwa 150 Konzertbesuchern im voll besetzten Gemeindesaal mit einer etwas trockenen Akustik ein Programm mit Klaviermusik geboten, das, gespickt mit höchsten Schwierigkeitsgraden, beiden Interpreten - und auch dem Flügel - alles abverlangte, was an pianistischem Können möglich ist.
Der Abend begann mit zwei Balladen op.10 von Johannes Brahms, in denen der schwermütige Norddeutsche elegisch-volksliedhaft bis dramatisch daher kommt. R:Nagai-Moritz, künstlerische Reifeprüfung in Detmold, Teilnahme an internationalen Klavierfestivals, rege Konzerttätigkeit und mehrfache Preisträgerin, gelang mit diesen schwer zu interpretierenden - und auch zu hörenden - Stücken eine gültige Darstellung - trotz einer gewissen Bass-Lastigkeit.
Mit der Konzert-Etüde Nr. 3 von 1848 von Franz Liszt, einem beseelten Klanggemälde, das auf einer einfach gebauten Kantilene basierend sich zu einem wahren Fortissimo-Plateau aufbaut, das den Flügel auf eine harte Probe stellte, bewies Chihiro Masaki, die ebenfalls in Detmold ihre künstlerische Reifeprüfung abgelegt und an vielen Musikwettbewerben teilgenommen hat, bei denen sie Sonderpreise errang, ihr absolutes technisches Können, das Staunen machte. Fast noch schwieriger zu realisieren war die »Etudes transcendante Nr. 10« vom gleichen Komponisten, der es wegen der unermesslich großen zu spielenden Tonmasse dem Spieler überließ, sich das Stück für sich zurechtzulegen. Masaki brachte den Flügel in bravouröser Weise zum Blühen.
Mit der »Petite Suite« von Debussy stellte sich das Duo Masaki- Nagai-Moritz vor .In diesen Stücken des malerischen Impressionismus mit Flötenklängen und Barkarolen-Rhythmen begeisterten beide Künstler durch Spielfreude und perfektes Zusammenspiel, das auch bei der »Carmen-Suite« von G. Bizet - mit einem irrwitzigen Tempo präsentiert, dadurch leider etwas verwischt - zum Tragen kam.
Nach dem »Grande Valse Brillante Nr.1« von F. Chopin, in einer vierhändigen Version leicht forssiert dargeboten, erwartete die faszinierten Zuhörer J. Offenbachs »Barcarole« aus Hoffmanns Erzählungen in einer nicht überzeugenden Bearbeitung, aber klangschön umgesetzt. In Gershwins »Preludium« wird über einer rhythmischen Begleitfigur ein Feuerwerk an jazzigen-virtuosen Tonkaskaden mit Zitaten aus seiner Oper »Porgy and Bess« erzeugt, das beiden Künstlerinnen noch einmal Gelegenheit gab, sich als wahre Virtuosinnen zu erweisen.
Mit »La Valse« von M. Ravel, einer Apotheose des Wiener Walzers, dem als Orchesterwerk eines der meist gespielten Werke Ravels, verabschiedete sich ein bemerkenswertes Duo. Noch einmal wurde in diesem expressiven, teilweise bizarren und dissonanten Tongemälde, in dem der Walzer immer mal wieder hervorlugt, absolutes technisches Können mit ausdruckstarker Aussage gefordert und erbracht. Beide Künstlerinnen bedankten sich für den heftigen Beifall mit »Csikos Post« von Necke.
Über ein Wiederhören mit den sympathischen Musikerinnen würde man sich freuen.

Artikel vom 27.10.2005