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Hochstapler
narrt selbst
Bankhäuser

Falscher Fürst in Haft

Düsseldorf (dpa). Eine moderne Version des Hochstaplers Felix Krull hat in Düsseldorf als »Fürst zu Sayn-Wittgenstein Berleburg« monatelang die honorige Gesellschaft genarrt.
Am 21. Geburtstag des einschlägig vorbestraften Berliners stoppte ein Düsseldorfer Kriminalbeamter das Treiben, nun sitzt der falsche Fürst in U-Haft. Der Schulabbrecher hatte sich als »Durchlaucht« anreden lassen, ohne Ausweis Konten eröffnet und im Frack in Nobelhotels diniert. »Bessere Kreise« und renommierte Bankhäuser hätten sich von Habitus und Adelstitel blenden lassen, sagte der Kripobeamte, der den Schaden auf 100 000 Euro schätzte.
Weiße Anzüge, teures Parfüm, handgenähte Schuhe, eine Chauffeurin: »Kleider machen Leute« - auch heute noch. Auf dem Schreibtisch des Kommissars stapeln sich hunderte von Kreditkartenabrechnungen. In zwei Monaten hatte es der mittellose Hochstapler zu zwei luxuriös eingerichteten Wohnungen gebracht. »Seine Durchlaucht« fuhr Luxuskarossen zur Probe und hatte sich bei einem Juwelier Siegelringe des Fürstenhauses bestellt. In Fünf-Sterne-Hotels waren bereits Partys arrangiert. Wenn »Ihre Exzellenz« einkaufen ging, dann standesgemäß in Edelboutiquen auf der Königsallee. Dabei schreckte er nicht davor zurück, seinen neuen Freunden auch mal beim Shopping die Geldbörse zu stehlen, aber niemand verdächtigte den »Blaublütigen«. »Es haben sich sehr viele Leute von dem Adelstitel blenden lassen«, sagte der Polizist. Einigen Opfern sei dies extrem peinlich: »Zwei haben ausdrücklich auf eine Strafanzeige verzichtet.«

Artikel vom 26.10.2005