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Wertheim-Erben erfolgreich

Bundesverwaltungsgericht bestätigt Ansprüche auf Entschädigung

Leipzig (dpa). Im Kampf um die Rückgabe enteigneter Grundstücke während der Nazizeit haben die Erben der Kaufhaus-Dynastie Wertheim einen Erfolg errungen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigte gestern Ansprüche auf Entschädigung der jüdischen Wertheim-Familie.
Zwei Hochhäuser des Beisheim-Centers am Potsdamer Platz in Berlin. Das Grundstück ist Teil des Entschädigungs-Streits.
Damit wurde eine Beschwerde der Essener KarstadtQuelle AG zurückgewiesen. Der juristische Streit um sieben »Filetgrundstücke« im Herzen Berlins ist somit rechtskräftig beendet.
»Darauf trinke ich einen Champagner«, sagte der Berliner Anwalt der Wertheim-Erben, Matthias Druba. Er forderte den Konzern zu einem würdevollen Ende der Verhandlungen auf. Es sei jetzt unmissverständlich klar, dass die Jewish Claims Conference als Vertreterin der Erben ein Recht auf Entschädigung habe. Es müsse nicht mehr in jedem Einzelfall neu entschieden werden.
»Wir sehen keinen neuen Handlungsbedarf«, sagte KarstadtQuelle-Sprecher Jörg Howe in Essen. »Es gibt keinen Grund, irgendwelche Verhandlungen aufzunehmen.« Ansprechpartner für die Jewish Claims Conference und die Wertheim-Erben sei das Land Berlin. Für den Konzern gebe es »faktisch keine finanziellen Auswirkungen«.
Mit ihrer Entscheidung bestätigten die Bundesrichter ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts. Auch die Leipziger Richter erkannten KarstadtQuelle nicht als berechtigten Rechtsnachfolger von Hertie und Wertheim an. Damit scheiterte der Konzern endgültig mit seinem Versuch, einen Rückübertragungsbescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vor Gericht zu kassieren. Diese Behörde hatte die Ansprüche der von der JCC vertretenen Kaufmannsfamilie anerkannt.
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte diese Entscheidung als rechtens erklärt und eine Revision ausgeschlossen. Die KarstadtQuelle AG wehrte sich dagegen mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgericht in Leipzig. Diese blieb nun erfolglos.
Der Konzern hatte seine Ansprüche aus dem Kauf der Anteile an der Wertheim-Gesellschaft abgeleitet. Die Wertheim-Familie hatte von 1951 an Anteile an den Hertie-Konzern verkauft, der 1999 mit der KarstadtQuelle AG verschmolzen wurde. Dabei handelte es sich um Grundstücke im Westen Berlins, die der Kaufmannsfamilie in den 50er Jahren zurück übertragen worden waren. Der Wert der im Ostteil Berlins gelegenen Grundstücke wurde dabei nicht berücksichtigt.
In dem jetzt beendeten Rechtsstreit ging es um Flächen an der Leipziger Straße in Berlin-Mitte im Wert von bis zu 500 Millionen Euro. Die Leipziger Richter verwiesen darauf, dass ihre Entscheidung Einfluss auf weitere Streitfälle zu früheren Berliner Wertheim-Grundstücken haben könnte. Im Zentrum steht dabei das Lenné-Dreieck. Wertheim-Anwalt Druba sagte, die offenen Fragen würden jetzt »mit l80 Stundenkilometern« vorangebracht. Mit KarstadtQuelle werde noch über etwa zehn Bescheide verhandelt.
Am Vortag war bekannt geworden, dass ein Berufungsgericht in Philadelphia/Pennsylvania eine Klage der Wertheim-Erben zu dem enteigneten Besitz im Herzen Berlins zur Verhandlung in den USA nicht zugelassen hatte.

Artikel vom 26.10.2005