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Meisterwerk mal heiter,
mal wolkig

Universitätschor sang »Messias«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). »Halleluja, denn Gott der Herr regieret allmächtig.« Mit vereinten Kräften gelang es Universitätschor Bielefeld und Oratorienchor Münster, Georg Friedrich Händels berühmten Jubelchor klanggewaltig zu stemmen. Auch wenn die Aufführung des »Messias« nicht immer unter glücklichen Vorzeichen stand, so erlebte das Publikum am Sonntagabend in der gut besuchten Oetkerhalle dennoch drei beschauliche Stunden geistlicher Betrachtung.

Den Löwenanteil daran trug das Kourion-Orchester Münster, das man in dieser durchgehend spannungs- und präzisionsvollen Weise in Bielefeld wahrscheinlich noch nicht erlebt hat. Mit rhythmischer Phrasierungs- und dynamischer Gestaltungslust gelang es dem freien Orchester, die Vorgaben der Partitur in atmende Klangrede zu setzen.
Da begeisterten die Streicher mit Animato-Spiel und Verzierungskunst ebenso wie die engagiert und pointiert gestaltende Continuo-Gruppe nebst strahlkräftigen Trompeten. Und Michael Preiser, der nach gelungenem Debüt mit Brahms' Requiem nun zum zweiten Mal eine Aufführung der Chöre leitete, ließ keine Sekunde locker, animierte im steten, auf Dauer hingegen doch einseitig wirkenden ÊWechsel von zügig-frischen und gemessenen Tempi zu differenziertem, lebendigen Spiel.
Auf der Seite des Chores gelang es nicht immer, die betrachtende Vorlage gestaltgebend auszuloten. Preiser hat seine Chöre zwar wunderbar auf Artikulationsschliff und damit auf Textverständlichkeit eingestellt. Seinen vitalen Tempi vermochte die gewaltige Sängerschar hingegen so manches Mal nur zögerlich Folge zu leisten. Im Gegensatz zu halligen Kirchenschiffen fallen Tempoverschleppungen und zögerliche Einsätze (in den tieferen Lagen) in der gnadenlos guten Akustik der Oetkerhalle schon mal eher ins Gewicht. Kleine Trübungen also im Chor, der ansonsten über weite Strecken mit geschmeidiger Melismatik aufwarten konnte.
Wenn Solisten ausfallen, ist guter Rat teuer. Lässt man die Partie komplett wegfallen oder sorgt man für Ersatz? Im Falle von Valerie Ruh, die kurzfristig für die erkrankte Uta Schwarzkopf eingesprungen war, konnte ein passabler Kompromiss gefunden werden. Die Sopranistin ging beherzt ihre schwierige Aufgabe an, verzichtete aber kluger Weise darauf, Teile ihres Parts zu Gehör zu bringen, mit denen sie vollends überfordert gewesen wäre.
Einnehmend ergänzt wurde das Solisten-Quartett von Yvi Jänicke (warm timbrierter Alt), Andreas Post (Tenor mit stählernem Klang) und Konrad Jamot (Bass), der den via Programmheft geweckten, hochgesteckten Erwartungen nicht immer gerecht werden konnte. - Eine durchwachsene Wiedergabe, die herzlichen Beifall fand.

Artikel vom 25.10.2005