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Wettlauf gegen Elend und Tod


EU stockt Pakistan-Hilfe auf - Johanniter errichten Feldlazarett in Batal

Brüssel/Islamabad (dpa/WB). Nach verzweifelten Hilfsappellen der Vereinten Nationen will die Europäische Union die Erdbebenhilfe für Pakistan um 80 auf insgesamt 93,6 Millionen Euro erhöhen. Die öffentlichen Gelder allein werden die Not nicht ausreichend lindern können. Zahlreiche Hilfsorganisationen rufen zur Unterstützung auf.

»Pakistan kann mit Europa als einem Freund und Partner nicht nur jetzt während der Krise, sondern auch in den vor uns liegenden langen Jahren des Wiederaufbaus rechnen«, erklärte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Gut zwei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben sorgte ein Nachbeben für Angst und Schrecken in der Katastrophenregion.
Das Beben am Sonntagabend habe eine Stärke von 5,9 auf der Richterskala gehabt und länger als eine Minute gedauert, teilte die pakistanische Meteorologie-Behörde mit. Das erste, verheerende Erdbeben am 8. Oktober hatte eine Stärke von 7,6 gehabt und mehr als 50 000 Menschen das Leben gekostet. Alleine auf pakistanischer Seite wurden knapp drei Millionen Menschen obdachlos.
Die indische Regierung begann unterdessen mit der Ausstattung von Hilfezentren an der de-facto-Grenze im geteilten Kaschmir. Indien hatte Pakistan vorgeschlagen, Erdbebenopfern aus dem pakistanischen Teil Kaschmirs die Einreise in den indischen Teil zu erlauben und dort drei Hilfezentren für Überlebende einzurichten. Sollte Pakistan zustimmen, könnten die Zentren bereits heute öffnen. Indien und Pakistan haben seit ihrer Unabhängigkeit von britischer Kolonialherrschaft im Jahr 1947 zwei Kriege um Kaschmir geführt.
Die Vereinten Nationen, die pakistanische Regierung und Hilfsorganisationen haben in den vergangenen Tagen immer verzweifelter um zusätzliche Erdbebenhilfe gebeten. Angesichts des einsetzenden Winters warnten sie vor dramatischen Konsequenzen, sollten die Anstrengungen nicht verstärkt werden. Die von den Behörden bestätigte Zahl der Erdbebenopfer liegt in Pakistan bei 51 382 Toten und 74 498 Verletzten. In Indien kamen mehr als 1600 Menschen ums Leben.
Die NATO hat bisher 76 Tonnen Hilfsgüter in das Erdbebengebiet nach Pakistan geflogen. Wie ein Sprecher gestern in Mons (Belgien) mitteilte, werden mittlerweile acht Transportflugzeuge vom Typ C-130 zum Transport der Zelte, Decken und Heizöfen eingesetzt. Innerhalb der nächsten zehn Tage will die NATO 860 Tonnen Hilfsmaterial nach Pakistan schaffen.
Die Weltgesundheitsorganisation hat die deutsche Johanniter-Unfall-Hilfe gebeten, ein Feldlazarett in der vom Erdbeben zerstörten Stadt Batal zu errichten. In diesem provisorischen Krankenhaus können täglich ungefähr 200 Patienten behandelt werden. Das Projekt kostet voraussichtlich 700 000 Euro und wird hauptsächlich durch Spenden aus Deutschland finanziert. Seit dem Erdbeben warten in Pakistan über 40 000 Menschen auf eine Behandlung ihrer Verletzungen. Viele Betroffene leiden inzwischen an infizierten, offenen Wunden.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat gestern die Spendenaktion »Winterzelte für Pakistan« gestartet. DRK-Präsident Rudolf Seiters rief Bürger, Belegschaften von Betrieben und Schulklassen dazu auf, jeweils ein Winterzelt für die Erdbebenopfer in Pakistan mit zu finanzieren. Eine solche Notunterkunft für eine siebenköpfige Familie kostet 250 Euro. Ziel sei es, 50 000 Zelte für die Überlebenden in den Erdbebengebieten durch Spenden zu beschaffen.

Artikel vom 25.10.2005