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CDU-Spitze will Wahlergebnis erst im Dezember analysieren

Landes-SPD lehnt Rüttgers-Vorstoß für ein Berliner Bündnis vehement ab

Berlin (Reuters). Die CDU-Spitze will erst Anfang Dezember in die ausführliche Diskussion über die Ursachen für das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl einsteigen.
Der CDU-Bundesvorstand vereinbarte nach Angaben von Generalsekretär Volker Kauder gestern in Berlin, in einer ganztägigen Sitzung am 5. Dezember mit der Wahlanalyse zu beginnen. Nach der ersten größeren öffentlichen Diskussion mit deutlicher Kritik am Wahlkampf der Unionsparteien vom Wochenende forderten mehrere führende CDU-Politiker ein vorläufiges Ende der Debatte bis nach den Koalitionsverhandlungen und stellten sich damit hinter Parteichefin Angela Merkel.
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller sagte, eine sorgfältige und intensive Wahlanalyse sei notwendig, könne aber nicht während der Koalitionsverhandlungen geleistet werden. Auch Generalsekretär Kauder betonte, die Gespräche mit der SPD über eine große Koalition erforderten im Moment die ganze Kraft. »Wer die Wahlanalyse sorgfältig und intensiv betreiben will, wird es nicht hinbekommen, wenn er es parallel zu den Koalitionsverhandlungen macht«, sagte Müller.
Daher habe Merkel Recht, wenn sie zunächst die Regierungsbildung abschließen und danach die Analyse des Wahlergebnisses vornehmen wolle. Kauder sagte, die Menschen wollten jetzt nicht hören, warum der Wahlkampf so oder so gelaufen sei, »sondern sie wollen von uns jetzt hören, was für eine Regierung kommt, was macht diese Regierung«. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen rief seine Partei auf, die Diskussion zu verschieben. Geschlossenheit sei die Voraussetzung von Erfolg, sagte er.
CDU-Vize Christoph Böhr bekräftigte, erst wenn der Koalitionsvertrag unter Dach und Fach sei, könne in drei bis vier Wochen mit der Analyse begonnen werden. Die Union müsse sich der Frage stellen, warum sie drei Mal hintereinander bei Bundestagswahlen gescheitert sei.
Allerdings räumte Böhr bereits Fehler im Wahlkampf ein. So habe sich die Union maßlos verheddert im Streit über die Wege dahin, ohne ausreichend die Ziele darzustellen. Als Beispiel nannte der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende die Diskussion über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte, im Wahlkampf seien kontroverse Punkte in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung geraten, wodurch eine »Schieflage der Betrachtung« entstanden sei. Für die Analyse der Wahl gelte aber, »alles zu seiner Zeit«, sagte er.
Die nordrhein-westfälische SPD hat den Vorstoß von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) zurückgewiesen, bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin im Interesse des Landes gemeinsame Positionen zu vertreten. »Diese Idee ist schon ein Stück aus dem Tollhaus«, sagte die Vorsitzende der SPD- Landtagsfraktion, Hannelore Kraft. Nachdem sich Rüttgers bei der Verteilung der Ministerposten nicht gegen CDU- Merkel durchsetzen konnte, »sollen nun die designierten SPD-Minister aus NRW die Arbeit machen«. Dieses Ansinnen zeige die politische Schwäche von Rüttgers.
Der Ministerpräsident hatte ein Positionspapier vorgelegt und auch die an den Koalitionsverhandlungen beteiligten SPD-Politiker aus NRW - Peer Steinbrück, Franz Müntefering und Ulla Schmidt - um Unterstützung gebeten. Neben Nachbesserungen bei den Hartz-IV-Reformen möchte Rüttgers das sozialverträgliche Auslaufen der Kohlesubventionen und Kürzungen bei der Windenergie im Vertrag über eine große Koalition festgeschrieben sehen.

Artikel vom 25.10.2005