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Die City-Passage funktioniert: Sie ist stark frequentiert. Jährlich werden 500 000 Euro in Aktionen und Instandhaltung investiert. Foto: Büscher

Einzelhandel wehrt sich
gegen »drittes Zentrum«

Neumarkt: CDU und SPD sehen »Verfahrensschritt«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Büros, Dienstleistung, Wellness- und Freizeitangebote und sogar ein Frischemarkt - all das könnte sich der Einzelhandelsverband am Neumarkt in den bestehenden Immobilien Amerikahaus und Alte Post vorstellen, nicht aber 16 000 Quadratmeter Verkaufsfläche für Fachmärkte und Filialisten. Heute will der Stadtentwicklungsausschus über den Antrag des HFS-Fonds beraten, um planungsrechtlich den Weg für ein »Neumarkt-Center« frei zu machen.

Eine gemeinsame Sitzung wie von der Bezirksvertretung Mitte beschlossen (das WESTFALEN-BLATT berichtete) wird heute nicht stattfinden. Georg Fortmeier (SPD), Vorsitzender des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses (UStA): »Der Antrag kann allenfalls von UStA-Mitgliedern gestellt werden, und eine gemeinsame Sitzung könnte frühestens am 8. November stattfinden.« Es gehe, betont Fortmeier, noch nicht um eine Entscheidung für oder gegen ein Neumarkt-Center, sondern nur um die formale Einleitung eines planungsrechtlichen Verfahrens. Fortmeier: »Darauf besteht schließlich ein Rechtsanspruch. Und im Rahmen eines solchen Verfahrens könnten Einsprüche eingelegt werden.« Auch Ralf Nettelstroth, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sieht in der Neumarkt-Center-Anfrage vor allem das Anliegen, ein Verfahren einzuleiten. Dem Wunsch der Verwaltung, diese Verfahrenseinleitung zunächst bis Ende Januar 2006 zurückzustellen, stehe er kritisch gegenüber, erklärt Nettelstroth. Im Ausschuss heute soll nicht entschieden werden, erst werde die CDU noch ein Gespräch mit dem Einzelhandelsverband führen; der habe ausdrücklich darum gebeten.
Gregor Moss als zuständiger Dezernent hat die Vorlage für die heutige Sitzung eigentlich nur als Information betrachtet: »Weshalb darum plötzlich eine derart hitzige Diskussion entbrannt ist, ist mit unerklärlich.«
Derweil kann der Einzelhandelsverband seine Argumente gegen ein »drittes Stadtzentrum« auch mit »nur« 16 000 Quadratmetern neben Bahnhofstraße und Altstadt mit Zahlen untermauern. So würde ein Neumarkt-Center mehr als 20 Prozent der heutigen Verkaufsfläche und fast 20 Prozent des heutigen Umsatzes der Bahnhofstraße und 40 Prozent der Verkaufsfläche wie fast 60 Prozent des Umsatzes der Altstadt umfassen. Für die Betriebswirtschaftliche Beratungsstelle des Einzelhandels (BBE) ist klar: »Die Angebotspalette ist schon jetzt in der Bielefelder Innenstadt maximal ausgeschöpft. Zusätzliche Verkaufsflächen außerhalb der Fußgängerzone sind nicht verkraftbar.«
Denn die Innenstadt hat bei einem Gesamtumsatz von 428 Millionen Euro (Bahnhofstraße 294 Millionen Euro, Altstadt 134 Millionen Euro) ihre »Problemzonen«: In der City mit einem Leerstand von zehn Prozent sind diese Problembereiche die Obere Bahnhofstraße, die Eilers-Passage und die »Arcade«, in der Altstadt die Klosterpassage. Man sei, so betont Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, unisono mit der Kaufmannschaft Altstadt und der Werbegemeinschaft »City - rund um die Bahnhofstraße«, für eine Verdichtung der beiden bestehenden Zentren. Deshalb stehe man den Plänen der Karstadt AG - dort plant man eine Erweiterung bis zur Friedenstraße und die Umsetzung des »Boulevard-Konzeptes« im bestehenden Haus - und den Plänen der ITG Düsseldorf, die Marktpassage um das Multistore-Areal zu erweitern, sehr positiv gegenüber. Genth: »Attraktive Projekte in gewachsenen Fußgängerzonen würden durch ein Neumarkt-Center zerschlagen, Arbeitsplätze vernichtet.« Ohnedies gebe es in Bielefeld bereits im Deutschlandvergleich überdurchschnittlich viel Verkaufsfläche mit 660 000 Quadratmetern - zwei Quadratmeter pro Einwohner. Durchschnittlich seien es nur 1,3 Quadratmeter.

Artikel vom 25.10.2005