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Fleischskandal
früher bekannt

Staatsanwalt ermittelte im Juli

München (dpa/Reuters). Im bayerischen Fleischabfallskandal haben die zuständigen Behörden nach einem Zeitungsbericht weitaus früher von den Machenschaften eines Deggendorfer Fleischhändlers gewusst als bisher bekannt. Wie »Bild am Sonntag« berichtete, hatte die Staatsanwaltschaft Memmingen bereits seit Anfang Juli gegen den Geschäftsmann ermittelt.

Sieben Mal sollen seither Lebensmittelkontrolleure den Betrieb unter die Lupe genommen haben, aber erst Mitte Oktober wurden 500 000 Kilogramm ungenießbares Fleisch aus dem Verkehr gezogen. Die bayerische Staatsregierung will von dem Vorgängen erst am 11. Oktober erfahren haben.
Der amtierende Bundesverbraucherschutzminister Jürgen Trittin (Grüne) sprach von einer Stümperei der bayrischen Behörden und des Landesverbraucherschutzministers, Werner Schnappauf. Die Produkte seien zu spät aus den Regalen genommen worden. »Der Rückruf hätte viel früher passieren müssen, dann hätten die Behörden auch etwas gefunden, und uns Verbrauchern wären nicht tonnenweise Schlachtabfälle als Hühnersuppe aufgetischt worden«, sagte Trittin.
Schnappaufs Sprecher wies die Vorwürfe zurück. Die Landesregierung habe von den Vorgängen erst am 11. Oktober erfahren. »Wir sind zu unserem großen Erstaunen nicht von unseren Behörden informiert worden.« Weder die Staatsanwaltschaft Memmingen noch der Zoll hätten die Landesregierung unterrichtet. Die Staatsanwaltschaft verweist auf den Generalstaatsanwalt. Man sei davon ausgegangen, dass dieser das Ministerium unterrichtet habe.
Nach Ansicht des ernährungspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Hans Michael Goldmann, hätte ein zügigeres Vorgehen der Behörden verhindern können, dass »viele Tonnen der Abfälle auf den Tellern der Verbraucher« gelandet seien. Über die frühzeitigen Erkenntnisse habe ein Spitzenbeamter des bayrischen Verbraucherschutzministeriums vergangene Woche in einer Sitzung des Agrarausschusses des Bundestages berichtet. Es sei deutlich geworden, dass die Machenschaften der Fleischfirma bis ins Jahr 2003 zurückreichten.
Die 14 Millionen Tonnen ungenießbarer Schlachthofabfälle, die jährlich in der EU anfallen, sollten nach dem Willen von Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) besonders gekennzeichnet werden. Wie das Nachrichtenmagazin »Focus« schreibt, fordert Schnappauf, dass die Abfälle nur noch in auffällig gekennzeichneten Behältern transportiert werden. Eventuell sollten sie mit Lebensmittelfarben eingefärbt sowie mit Zellulose und Geruchsstoffen behandelt werden. Eine solche Markierung sei hitzebeständig und schwierig zu entfernen. Seite 2: Kommentar

Artikel vom 24.10.2005