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Merkel stellt sich erstmals den Kritikern

Junge Union will Friedrich Merz

Berlin (dpa). CDU-Chefin Angela Merkel hat sich erstmals der internen Debatte um Fehler im Bundestagswahlkampf gestellt. Sofort nach Regierungsbildung will sie voll in die verlangte Debatte einsteigen.
Nachdrücklich warnte Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Augsburg gestern vor einem »Schnellschuss«, ging aber erstmals darauf ein, dass die politische Mitte nicht hinreichend erreicht wurde. Dem Parteinachwuchs rief sie zu: »Wir sind nur drei Wochen auseinander.« Der designierte Wirtschaftsminister und CSU-Chef Edmund Stoiber hatte entgegen seiner ursprünglichen Absicht vor der Jungen Union massive Fehler bei der Wahlkampfführung eingeräumt.
Alle Parteiflügel müssten in die kommende Diskussion eingebunden werden, sagte Merkel, »alles andere würde unsere Volkspartei zerstören.« »Natürlich will ich die Analyse nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben«, sagte Merkel. Die Ursachenforschung sei schon mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen notwendig. Erst müssten allerdings die Koalitionsvereinbarung und die Regierungsbildung abgeschlossen werden.
Die Union hatte am 18. September 35,2 Prozent erreicht und das angestrebte Regierungsbündnis mit der FDP verpasst.
Neben Stoiber warf auch der CDU-Finanzexperte und Merkel-Kritiker Friedrich Merz der Unionsführung bei dem JU-Kongress schwere Fehler vor. Die Junge Union beschloss, Merz als Nachfolger von Merkel im Amt der Fraktionsvorsitzenden zu nominieren, was als Affront gegen die CDU-Vorsitzende zu verstehen ist.
Stoiber sagte, mit Themen wie Familienpolitik, Schuldenabbau und Generationengerechtigkeit seien CDU und CSU im Wahlkampf zu wenig durchgedrungen. »Wir müssen uns fragen, ob wir nicht die Prioritäten falsch gesetzt haben, um an die Menschen heranzukommen.« Merz kritisierte, die Union sei im Wahlkampf in die Defensive geraten. »Wir hätten Streit anfangen müssen, nicht untereinander, sondern mit der rot-grünen Bundesregierung.«
Bayerns Innenminister Günther Beckstein machte im Machtkampf um das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten seinen Kontrahenten Erwin Huber indirekt für die Schlappe bei der Bundestagswahl verantwortlich. Wenn man die Menschen wie bei der Verwaltungsreform nur zum Mitmachen zwinge, werde man oft scheitern, sagte er.Seite 2: LeitartikelSeite 4: Hintergrund

Artikel vom 24.10.2005