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Mutwillige Zerstörung

Wer glaubt, Bielefelds Einzelhandel malt aus Angst vor Konkurrenz schwarz, der muss sich nur einmal umschauen in Städten, die ein neues Shopping-Zentrum erbauen ließen: Die Fußgängerzonen veröden, ein Kaufmann nach dem anderen gibt auf, der Handel wird bestimmt von Filialisten. Die Innenstadt verliert ihr Gesicht.
In den USA hat man diese Phase bereits hinter sich - und daraus gelernt. Inzwischen versuchen Kommunen krampfhaft, ihre historisch gewachsenen, seit Jahren der Verödung und dem Verfall anheim gestellten Innenstädte wieder zu beleben. Das gelingt langsam, weil auch die Menschen sich lieber in einer Umgebung aufhalten, mit der sie sich identifizieren können als in einer künstlichen, einer austauschbaren Shoppingwelt unter einem Glasdach. Die Re-Animierung ist teuer, sehr teuer.
In Bielefeld wollen die beiden großen Parteien aber partout »Stadtreparatur« betreiben - eine Wunde schließen, die sie selbst (oder ihre Vorgänger) aufgerissen haben. Dabei war man sich lange einig, alles zu tun, um Altstadt und City nicht nur künstlich zu beatmen, sondern ordentlich zu investieren: in neu gestaltete Fußgängerzonen, in ein Leerstandsmanagement, in Marketing-Aktionen. Die Kunden honorieren das. Sie kommen gern. Die jahrelangen Bemühungen könnten aber mit einem Federstrich mutwillig zerstört werden. Um dann am Ende mit leeren Händen dazustehen. Denn eine Shopping-Mall als »Pflaster« ersetzt nicht das Herz einer Stadt.Burgit Hörttrich

Artikel vom 22.10.2005