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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Zum Erfolg verdammt


In dieser Woche also soll es zum Schwur kommen. Da will die große Haushaltskoalition aus CDU, SPD, Grünen und Bürgergemeinschaft ihre Etat-Leitlinien verabschieden. Die sollen Wunder bewirken, Bielefeld aus der Finanzmisere führen, gleichzeitig aber auch Investionen ermöglichen. Eine Gratwanderung.
Wie schmal der Grat der Zusammenarbeit der Koalitionäre tatsächlich ist, davon konnten sich Beobachter am Donnerstag im Hauptausschuss ein Bild machen. SPD und Grüne überfuhren ihre Haushalts-Partner aus CDU und Bürgergemeinschaft mit einem Antrag zur Umwandlung des städtischen Umweltbetriebs in eine Anstalt öffentlichen Rechts.
Das ist nicht irgendeine Entscheidung. Der Umweltbetrieb mit seinen 800 Mitarbeitern und jährlichem Millionen-Gewinn ist eines der wenigen Pfunde, mit denen die Stadt wuchern kann. Man fragt sich, worüber die Finanzapartner in ihren Gesprächsrunden hinter verschlossenen Türen reden, wenn nicht über solche Dinge.
In der Frage der Schießung der Bezirskämter Senne, Gadderbaum und Dornberg scheinen die Fraktionsspitzen gegenüber ihren Orts-Fürsten hart bleiben zu wollen. In einem anderen Punkt aber mussten sie einen herben Rückschlag hinnehmen. Mehrbelastungen im Sozialetat und weniger Einnahmen aus der Einkommensteuer lassen die finanzielle Gestaltungsmasse gen null schmelzen, offen sind künftige Zuschüsse von Bund und Land. Da steht der angestrebte Gleichklang zwischen Sparen und Gestalten auf der Kippe, sind Prestigeprojekte wie der Einstieg in die Betreuung von unter Dreijährigen gefährdet.
Der Druck auf die Ratsfraktionen ist gewaltig. Aber trotz des Hase-und-Igel-Spiels beim Umweltbetrieb, trotz der Proteste aus den Bezirken, trotz der Rückschläge beim finanziellen Gestaltungsspielraum - das Fraktionsquartett ist zum Erfolg verdammt. Gelingt es nicht, eine finanzielle Kehrtwende einzuleiten, droht die momentane Lethargie in der Stadtpolitik in anhaltende Depression umzuschlagen. Auch das letzte Fünkchen Vertrauen, das die Bielefelder in »die da im Rathaus« noch setzen, wäre wohl verspielt.

Artikel vom 22.10.2005