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Von Druiden keine Spur

Grotten der Externsteine stammen aus dem Mittelalter

Von Dietmar Kemper
Lemgo (WB). Seit 200 Jahren tobt der Streit um das Alter der Grotten in den Externsteinen bei Detmold. Nun ist die Wissenschaft einen großen Schritt weiter. Demnach sind die Höhlen doch nicht in vorchristlicher Zeit von Germanen als Kultstätte genutzt worden.

»Alle von uns vorgenommenen Altersbestimmungen weisen in das Mittelalter«, sagte Clemens Woda von der Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gestern in Lemgo. Woda und sein Chef Günther Wagner vom Max-Planck-Institut für Kernphysik stellten die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der so genannten Thermo-Lumineszenzdatierung an den Externsteinen vor. Mit dieser erstmals an einem Kulturdenkmal eingesetzten Methode ist es möglich, bei rötlich verfärbtem Gestein den Zeitpunkt der letzten Erhitzung durch Feuer einzugrenzen. Seit Juni 2004 entnahmen die Wissenschaftler 14 Proben und untersuchten neun genauer im Labor. Bei fünf Proben habe das Alter des letzten Feuers bestimmt werden können, sagte Woda.
Die Untersuchung habe nicht bestätigt, dass die Grotten bereits in der Älteren Eisenzeit, also Mitte des 1. Jahrtausends vor Christus, geschaffen oder genutzt wurden. Die Externsteine, die vor 120 Millionen Jahren entstanden, weisen eine Haupt-, Neben- und Kuppelgrotte auf. Das letzte Feuer in der Nebengrotte brannte nach den Erkenntnissen der Heidelberger Forscher im Zeitraum 925 bis 1375, also im Hochmittelalter. In der Hauptgrotte loderte es letztmals zwischen 1362 und 1488, folglich im Spätmittelalter.
Bislang gingen Archäologen und Historiker davon aus, dass das Grottensystem im frühen 12. Jahrhundert entstand. Sie berufen sich dabei auf die Weihinschrift des Paderborner Bischofs Heinrich I. aus dem Jahr 1115. Speziell die Untersuchung der Brandspuren in der Kuppelgrotte ergaben ein anderes Bild. »Die Kuppelgrotte ist älter, als die ärchäologischen Funde und die schriftliche Überlieferung bislang erkennen ließen«, betonte Woda und datierte eine Brandspur auf den Zeitraum 840 bis 1028 und eine weitere auf die Phase nach 735 nach Christus. Das lasse den Schluss zu, dass die Kuppelgrotte bereits im Frühmittelalter, in ottonischer Zeit, geschaffen wurde.
Historiker Roland Linde von der Schutzgemeinschaft Externsteine wertete die Untersuchung als Erfolg: »Wir wollten herausfinden, ob die Quelle selbst, also die Externsteine, uns etwas sagen kann, was wir noch nicht wussten. Das ist gelungen.« Das 60 000 Euro teure Projekt wurde von der Schutzgemeinschaft angestoßen, hauptsächlich finanziert und vom Kreis und Landesverband Lippe unterstützt. Elke Treude vom Lippischen Landesmuseum erläuterte: »Mit reinen Spekulationen über das Alter der Grotten kommen wir nicht weiter. Deshalb war uns ein neutraler, naturwissenschaftlicher Ansatz wichtig, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.«

Artikel vom 21.10.2005