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Beamtin droht
Strafanzeige

Nach illegaler Kindeswegnahme

Von Christian Althoff
Versmold (WB). Nachdem das Jugendamt des Kreises Gütersloh einem Vater sein Kind jahrelang zu Unrecht vorenthalten hat, gerät jetzt die verantwortliche Beamtin in die Kritik: »Wir prüfen eine Strafanzeige wegen Kindesentziehung«, sagte gestern Rechtsanwalt Torsten Rock aus Dissen, der den Vater Michael M. aus Versmold vertritt.
Justin (4) lebt seit drei Jahren bei Pflegeeltern.

Wie berichtet, hatte das Amt 2002 den damals 16 Monate alten Justin in Obhut genommen, weil dessen Mutter nachweislich erziehungsunfähig war. Doch anstatt das Kind dem in einer eigenen Wohnung lebenden Vater Michael M. anzuvertrauen, war Justin an Pflegeltern übergeben worden, bei denen er heute noch lebt und die für ihn inzwischen Vater und Mutter sind.
Das Oberlandesgericht Hamm hatte entschieden, dass es keine gesetzliche Grundlage gab, dem Vater das Kind wegzunehmen. Zum Schutz des Jungen ordnete das Gericht jedoch an, dass Justin bis mindestens März 2007 bei seinen Pflegeeltern bleibt und bis dahin versucht wird, eine tragfähige Bindung zwischen Sohn und Vater aufzubauen.
Michael M.: »Nach dem Prozess hat eine Jugendamtsmitarbeiterin zu mir gesagt: Was das Gericht entschieden hat, ist eine Sache, was wir tun werden eine andere.« Anwalt Torsten Rock: »Sollte es wirklich dazu kommen, dass sich das Amt querstellt und weiter gegen den Vater arbeitet, ziehen wir alle Register. Dazu gehört auch eine Strafanzeige wegen Kindesentziehung, die nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes gute Chancen auf Erfolg hat.« Vor diesem Schritt wolle man aber ein Treffen abwarten, bei dem am 26. Oktober zwischen der Behörde und dem Kindesvater über künftige Besuchskontakte gesprochen werde, sagte der Fachanwalt für Straf- und Familienrecht.
Rock erklärte, die illegale Kindeswegnahme, die durch das mangelhafte Gutachten einer Bielefelder Psychologin gestützt worden sei, habe auch für Justins Pflegeeltern tragische Folgen: »Die sollen sich von einem Kind trennen, das sie wie ihr eigenes angenommen haben. Das ist grausam und unmenschlich.«
Torsten Rock wies außerdem auf die Kosten hin, die vermeidbar gewesen wären, hätte Michael M. seinen Sohn vor drei Jahren zu sich nehmen dürfen. So hat der Kreis Gütersloh für Justin allein an Pflegegeld bis heute mehr als 20 000 Euro ausgegeben. Und er muss weiter jeden Monat etwa 600 Euro zahlen - bis die Bindung zwischen dem Jungen und seinem Vater so weit gereift ist, dass das Kind seine Pflegeeltern verlassen kann.

Artikel vom 21.10.2005