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Playmobil lässt herzlich grüßen
Skurrilitäten von der Tokio Motor Show: ein Hunde-Auto namens WOW und ein Mini für Picknick-Freunde
Die motorisierte Hundehütte, eine Kugel auf Rädern, das Auto in Sandalenform, der Mini als Picknick-Korb oder ein Roller, der sich fährt, als wäre man auf Carving-Skiern unterwegs: In Tokio ist derzeit wieder einmal zu sehen, was dabei heraus kommt, wenn vor allem japanische Auto-Designer und -Konstrukteure ihre Phantasien ausleben dürfen.
Verrücktere Ideen für fahrbare Untersätze kann es kaum geben. Diese Autoschau hätte durchaus auch als Spielzeugmesse ihre Berechtigung.
Honda hat die Hunde und auch deren Herrchen oder Frauchen ganz besonders ins Herz geschlossen. Anders ist es ja wohl kaum zu deuten, dass der japanische Hersteller eigens ein Auto für diese Zielgruppe gebaut hat. »Auch ein Hund sollte auf der Straße kein schlechtes Hundeleben führen.« Schmunzelnd kommentiert Honda-Sprecher Alexander Heintzel das W.O.W. (sprich »wau«) genannte Konzept-Fahrzeug, das auf der Tokio Motor Show nicht nur von Hundefreunden besonders beachtet wurde.
Der knapp vier Meter lange Wagen mit seitlichen Schiebetüren und einer hinteren Doppeltür bietet generell bis zu sechs Personen Platz. Soll Bello mit auf große Reise gehen, dann ist für ihn eigens ein mit Netzen umspannter Spezialsitz vorhanden, der dem treuen Vierbeiner ein geruhsames Plätzchen und daneben auch jede Menge Sicherheit bietet.
Wird der »Zwinger« auf dem Sessel nicht benötigt, lässt er sich im doppelten Boden des Autos versenken. Pekinese und Co. dürfen sogar ganz vorne sitzen. Mit direktem Sichtkontakt zu Herrchen oder Frauchen reisen sie in einem netten kleinen Hundekörbchen, das neben dem Handschuhfach eingerichtet ist.
Auch wenn ein Auto dieser Art von den meisten Hunden sicherlich mit freundlichem Bellen empfangen würde - tatsächlich auf die Straßen rollen wird es vermutlich nie. »Es ist ein Denkansatz, was alles möglich wäre«, nimmt Heintzel eventuell interessierten Hundebesitzern in dieser Hinsicht alle Hoffnungen.
Wenig Chancen auf Verwirklichung hat vermutlich auch der Costa. Offen wie eine Sandale haben Daihatsu-Designer das Auto gebaut. Keine Türen, keine Heckscheibe, ein leicht nach hinten schiebbares Stoffdach, Holzplanken im Passagierabteil und ein Allradantrieb machen den Costa zu einem Strandläufer, der Sommer und Sonne liebt.
Wie aus einer fernen Zukunft mutet dagegen der Hybrid getriebene UFE-III vom gleichen Unternehmen an. Wenn sich das schwarze Kuppeldach über der silbern glänzenden Zigarre öffnet, wartet man auf ein Lara Croft ähnliches Wesen, das seine langen Beine aus dem Zukunftsmobil schwingt. Stattdessen taucht eine schüchtern lächelnde kleine Japanerin auf, die so gar nicht zu diesem futuristischen Gefährt mit zwei Rücksitzen hinter dem mittig angeordneten Fahrerplatz passen will.
Mindestens ebenso »abgefahren« und spielzeugtauglich ist der Pivo von Nissan. Über einer 2,70 Meter langen und 1,60 Meter breiten Plattform sitzt mittig eine Kugel. In der können es sich bis zu drei Personen (eine vorne, zwei seitlich versetzt dahinter) bequem machen. Der Clou: Das Elektroauto fährt in beide Richtungen, ohne zu wenden. Auf Knopfdruck dreht sich dazu einfach das kugelrunde Passagierabteil des lustigen Pivo. Playmobil lässt grüßen.
Über den I-Swing von Toyota würde sich möglicherweise auch ein Jedi-Ritter freuen - könnte er denn auch noch fliegen. Doch der Elektroroller bleibt mit seinen drei Rädern fest auf dem Boden. Nun ja, fast fest. Denn das einem Kinder-Buggy nicht unähnlich geformte Gerät legt sich in die Kurven, als wäre man mit Carving-Skiern unterwegs. Dazu passt auch die halb sitzende, halb stehende Haltung der Fahrer, die ein kleines Dach überm Kopf haben und den I-Swing mit zwei Joysticks steuern.
Als absoluter Steuerkünstler tritt der visionäre Fine-X auf. Toyota-Konstrukteure haben ihrer Phantasie hier auf vielfältige Weise freien Lauf gelassen. An erster Stelle steht dabei die unglaubliche Wendigkeit des Viersitzers. Alle vier Räder sind mit einem eigenen Motor ausgerüstet. So sind sie bei Rangiermanövern einzeln steuerbar. Der Wagen fährt bei Bedarf auch seitlich in die Parklücke. Und wenn der Spieltrieb allzu groß wird, schafft es der Fine-X sogar, sich auf der Stelle zu drehen. Eiskunstlauf-Prinzessin Katharina Witt hätte an diesem Auto sicher ihre helle Freude.
Wäre es nicht groß wie ein richtiges Auto, das Mini Concept wäre vermutlich in jedem Kinderzimmer mit Barbie und ihrem neuen Freund Barnie zu Hause. Der fahrbare Picknick-Korb eignet sich nämlich perfekt für das Wochenende im Grünen. Alles ist mit an Bord. Auf dem Cargo-Dach sind ein Tisch und zwei Stühle untergebracht. Ein mobiles Staufach lässt sich bei geöffnetem hinteren Seitenfenster einhängen und offenbart Besteck, Teller und Gläser. Jetzt gilt es nur noch, für die entsprechende Verpflegung zu sorgen - und das Wochenende für das junge Glück ist gerettet.
Natürlich haben sich die BMW-Designer nicht nur aus reinem Vergnügen und zur Belustigung des Publikums dazu entschieden, diese Picknick-Version eines Mini zu entwerfen. »In diesem Konzept stecken sicherlich einige Ideen, wie man sich eine zukünftige Variante des Mini vorstellen könnte.« Wieland Bruch, Sprecher des bayerischen Autobauers, plaudert ein wenig aus dem Nähkästchen und erzählt, dass Ende des Jahres entschieden wird, ob es so etwas wie einen Mini-Kombi geben wird. »Die Reaktionen des Messe-Publikums in Frankfurt - dort stand eine erste Studie - und jetzt hier in Tokio sind mitbestimmend, wie sich der Vorstand entscheidet.«
Sollte das o.k.. kommen, dann sei durchaus denkbar, dass noch Ende 2006 ein »Traveller« oder »Country Man« die aktuelle Mini-Palette ergänzt. In Frankfurt waren übrigens alle Reaktionen positiv. Und auch in der japanischen Hauptstadt sorgt das Mini-Konzept für großes Interesse. So müssen zwar Barbie und Barnie auf das Auto verzichten. Im wirklichen Leben wird es - wenn auch nicht so »verrückt« ausgestattet - indessen bald auf den Straßen auftauchen.
So, wie eine Reihe anderer Modelle, die in Tokio zu sehen sind und von denen einige auf Seite 5 dieser Ausgabe abgebildet sind. Wolfgang Schäffer

Artikel vom 29.10.2005