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»Neumarkt-Center pures
Gift für die Innenstadt«

Moss hofft, dass Politiker »zur Besinnung kommen«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Bereits in vier Tagen, am Dienstag, 25. Oktober, soll in einer gemeinsamen Sitzung von Bezirksvertretung Mitte und Stadtentwicklungsausschuss über den Antrag des H.F.S. Immobilienfonds beschlossen werden. Der will Planungsrecht zur Schaffung von 16 000 zusätzlichen Quadratmetern Ladenfläche auf dem Neumarkt samt Passage und Piazzetta (das WESTFALEN-BLATT berichtete).

Zum Entsetzen der Verwaltung wie des Bielefelder Einzelhandels gibt es in der Politik Befürworter dieser Pläne. Um dagegen zu protestieren, kamen gestern abend Vertreter der Altstadt-Kaufmannschaft und der Werbegemeinschaft »City - rund um die Bahnhofstraße«, Jochen Willmann, Vorsitzender des Bielefelder Einzelhandelsverbandes, und Hauptgeschäftsführer Stefan Genth in die Sitzung der Bezirksvertretung Mitte.
Dort legten Dezernent Gregor Moss und Claudia Warnecke (Planungsamt) ihre Vorbehalte gegen das Projekt dar. Die Verwaltung sieht in einem Neumarkt-Center mit Fachmärkten, Lebensmittelläden und Dienstleistern auf 16 000 Quadratmetern mit 1000 Parkplätzen ein »drittes Zentrum«, das zur Verdrängung alteingesessener Geschäfte führe. Zudem erscheint der Verwaltung der Neumarkt als möglicher Standort für ein Technisches Rathaus geeignet.
Gregor Moss wollte vermeiden, dass die Bezirksvertreter »vorschnell die Einleitung eines planungsrechtlichen Verfahrens« beschließen. Moss: »Ich hoffe, dass die Politiker bis zur gemeinsamen Sitzung am Dienstag zur Besinnung kommen.« Er ärgert sich darüber, dass der Immobilienfonds, der die Firma Egenter & Czischka (Nuthetal) mit der Projektentwicklung betraut hat, »in all den Jahren« nie auf Vorschläge, die die Stadt Bielefeld zur Entwicklung des Neumarktes gemacht habe (dazu gehören auch die Alte Post, das Telekom-Hochhaus und das Amerikahaus) eingegangen sei.
Die Neumarkt-Center-Planung sei »pures Gift« für Altstadt und Bahnhofstraße. Moss: »Das macht alle unsere Bemühungen kaputt.« Dem stimmt Jochen Willmann zu: »Wir wollen dort keinen Quadratmeter Einzelhandel.« Man befürworte allerdings Verdichtung an den Fußgängerzonen. So begrüße man die Pläne der Marktpassage, sich auf das Gelände von Multistore und Parkplatz (Zimmerstraße) auszudehnen. Das bedeute ein Plus von 8000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Allein an der Bahnhofstraße gebe es zurzeit zehn Prozent Leerstand, in der Altstadt elf Prozent. Man befürchtet, dass vor allem Filialisten zum Neumarkt umziehen: »Der günstigeren Mieten wegen.«
Stefan Genth kann nicht verstehen, »dass sich Bielefeld zum Erfüllungsgehilfen für Investoren machen lässt. Mit einem Ja zu einem Neumarkt betreibt man die mutwillige Zerstörung der Innenstadt.«

Artikel vom 21.10.2005