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Tim und Bruder Marvin halten sich an die Regeln: Künftig ist Füttern im Tierpark verboten.

Stubenarrest für Bielefelds Wasservögel

Berliner Verordnung schützt in erster Linie die Tiere - Strenges Fütterverbot in Olderdissen

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Fütterungsverbot im Tierpark, Rekordnachfrage bei Grippeschutzimpfungen, Vorsicht bei Verbrauchern: Das Thema Vogelgrippe beschäftigt auch in Bielefeld weite Bevölkerungskreise. Seit heute gilt die neue Bundesverordnung, wonach Geflügel in den Stall oder unter den Schutz eines Daches gehört.

»Wir werden im normalen Außendienst auf die Einhaltung achten«, versichert Dr. Mareen Bock. Die Amtstierärztin beschäftigt sich seit gestern mit der Umsetzung der Verordnung, die am Morgen frisch aus dem Büro von Bundesminister Jürgen Trittin auf den Tisch geflattert war. Danach sind Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse bis zum 15. Dezember in geschlossenen Ställen zu halten. Das gilt bereits ab dem ersten Vogel, sagt Mareen Bock. Wer keinen kompletten Stall bieten kann, muss die Tiere unter einem Dach halten und das Freiland durch einen engmaschigen Zaun abtrennen. Weil nach Einschätzung der Fachleute ein möglicher Erreger der Vogelgrippe allenfalls über die Nahrungskette oder Vogelkot übertragen wird, müsse man durch die Maßnahme in erster Linie die Vögel selbst schützen, weniger den Menschen.
An die wendet sich aber Tierparkchef Volker Brekenkamp. Seine Mitarbeiter werden noch schärfer auf die Einhaltung des generellen Fütterungsverbotes in Olderdissen achten. Direkt am Teichgelände trifft Brekenkamp Conny Tiemann. Die junge Frau ist mit ihren Kindern Marvin und Tim auf Tierparkbesuch. Angst vor der Vogelgrippe hat sie nicht: »Wir halten uns an Verhaltensregeln.« Gründe, sich im Alltag deutlich einzuschränken, sieht die junge Frau aber nicht. So wie alle Tierparkbesucher bei schönem Herbstwetter.
Gerhard Kleimann wiederum muss viele Nachfragen der Verbraucher beantworten. Der für seine »popofrischen« Eier aus Gräfinghagen stadtbekannte Landwirt hat für seinen Betrieb alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen und mag ein gewisses Maß an Verärgerung über die Hysterie der Bürokraten nicht verhehlen: »Erst haben uns die Verbraucherschützer zum Abschaffen der Käfige gezwungen und die Hühner ins Freiland gejagt. Jetzt sollen wir die Tiere wieder einsperren.«
Kleimanns Namensvetter, Hans-Jürgen Kleimann, hat als Sprecher der Landwirtschaftskammer gestern darauf hingewiesen, dass es bei der »Aufstallung« der Hühner in den 70 Haltungen in Bielefeld nur um den Schutz der Tiere geht: »Geflügelfleisch und Eier können bedenkenlos verzehrt werden.«
Während Geflügelschauen künftig nur noch mit ärztlich begutachteten gesunden Tieren bestritten werden dürfen, machen sich einzelne Züchter und Hühnerfreunde bereits Gedanken über die Zukunft ihrer Anlage: Wo Stallungen fehlen und ärztliche Auflagen nicht bezahlt werden können, bleibt nur die Schlachtung oder die Anfrage in Olderdissen.
Brekenkamp: »Es haben schon einige Bielefelder um Asyl für ihre Tiere nachgefragt.«

Artikel vom 21.10.2005