21.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Nur Strafhaft für den Mörder

Landgericht: Sicherungsverwahrung nicht die angemessene Sanktion


Bielefeld (uko). Sechseinhalb Jahre zusätzliche Freiheitsstrafe soll der Mann absitzen, der während seiner Freigänge kleine Kinder mißbraucht hat. Das Landgericht ordnete gestern allerdings nicht die von der Staatsanwaltschaft geforderte Sicherungsverwahrung an.
Joachim J. hatte unumwunden zugegeben, sich seit Beginn desJahres 2004 - vornehmlich im Bielefelder Süden - Kindern entblößt gezeigt und sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. In einem gravierenden Fall war sogar ein erst fünfjähriger Junge das Opfer, der dann auch massiv von dem 45-Jährigen mißbraucht worden war.
J. war seinerzeit aus der Haftanstalt Geldern in die Anstalt Bielefeld-Senne verlegt worden. Er hatte schon 17 Jahre einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes abgesessen und sollte nun als Freigänger die Lockerungen des Vollzuges genießen.
Dazu war es aber erst gekommen, als J. eine Gutachterin so geschickt belog, daß der Frau die homosexuell-pädophilen Neigungen des Häftlings verborgen blieben.
Die 3. Strafkammer des Landgerichts sah mit ihrem Urteil sechseinhalb Jahre Freiheitsstrafe für die Mißbrauchsfälle als angemessen an, obwohl Oberstaatsanwältin Ruth Dringenberg-Enders acht Jahre Haft gefordert hatte. Auch die Anordnung der Sicherungsverwahrung, nach Ansicht des Kammervorsitzenden Rreinhard Kollmeyer »das schärfste Schwert des Strafrechts«, hielten die Richter für unangebracht.
Joachim J. habe diese Strafe und die Reststrafe wegen Mordes abzusitzen. Zudem werde »in Zukunft wohl kein Gutachter eine falsche Prognose über ihn abgeben«, hoffte Kollmeyer mit einem Anflug von Sarkasmus. Joachim J. hatte zudem nicht nur eine reuige Lebensbeichte abgelegt. Der Angeklagte selbst hatte deprimiert erklärt: »Wenn mir nicht geholfen wird, dann wird so etwas wieder passieren.«

Artikel vom 21.10.2005