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Frohlocket: Fünf Jobs für jeden!

Zukunftsforscher Matthias Horx führt uns herrlichen Zeiten entgegen


Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Alles wird gut. Die optimistische Botschaft der TV-bekannten Gute-Laune-Frau Nina Ruge ist jetzt wissenschaftlich bewiesen, wie Matthias Horx am Mittwochabend in der Universität bild- und pointenreich offenbarte. Der Zukunftsforscher skizzierte im Vortrag über die »Hochbildungsgesellschaft« einen »anderen Gesellschaftstyp«.
Nur noch öde ist der alte Typ (der deutsche besonders), der mosert, wo er sich freuen sollte. Über die Globalisierung beispielsweise, »den größten Wirtschaftsboom aller Zeiten«, in der die gegenwärtig zehn Millionen Millionäre ihre Zahl bis zum Jahr 2030 verzehnfachen werden. Statt 1,8 Milliarden »Wohlständigen« haben wir dann 4,4 Milliarden, arm sind bald nur noch 2,9 Milliarden (heute: 3,8), und die Zahl der Hungernden wird auf 400 Millionen halbiert.
Gut, davon profitieren vor allem die Inder. Wir Deutschen hören auf zu jammern, modernisieren unser Bildungssystem und revolutionieren die Arbeitswelt: mindestens vier Arbeitgeber pro Karriere, Beteiligung am Firmengewinn (»weil das gerecht ist«), und ein Teil des Gehalts wird in Form von Wissensvermittlung gezahlt, worauf Arbeitgeber Numero 5 mich mit Handkuss einstellt. Nach 80 Lebensjahren oder so klingt mein Berufsleben dann langsam aus (»wie heute bereits in Island«).
Artensterben? Frei erfunden! Bevölkerungsexplosion? Na ja, bis 2060 schon, aber dann wird's besser. Früher war alles besser? Nichts da: Alles verläuft in Wellen oder Kondratieff-Zyklen, wenn die »Beatles« freundlich zirpen, geht's uns gut, wenn die Punkrocker nölen, fährt die Wirtschaft und unsere Laune zu Tal.
Moden sind kurzfristige Erscheinungen, also unwichtig, Technologien schon langlebiger, den allerlängsten Atem aber, wer hätte das gedacht, hat Mutter Natur - unbekümmert um deutsche Wehleidigkeit, aber aufmerksam beobachtet von Zukunftsforscher Horx, werkelt sie an ihrem Super-Hyper-Megatrend von Werden und Vergehen.
Nur eines bleibt, wie's ist: Der Mann wird niemals abwaschen und den Müll runterbringen. Horx zum Beispiel hockt lieber mit seinem Sohn beim Computerspiel.
Rektor Dieter Timmermann hatte sich eingangs auf einen »prominenten und originellen Denker« gefreut und den Redner als Verbündeten im Werbefeldzug für lebenslanges Lernen begrüßt. Gastgeberin Anne Meuer-Willuweit, Vorsitzende des Beruflichen Weiterbildungsverbundes Bielefeld (BWB), kennt Horx Publikationen seit seiner Erstveröffentlichung 1991; sie dankte den Finanziers, die den unterhaltsamen Vortrag möglich gemacht hatten.

Artikel vom 21.10.2005