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Antikorruptionsbeauftragter Uwe Bekemann.

Mathematik und viel Erfahrung

Die städtische Vergabedatei soll Korruptionsfälle verhindern

Bielefeld (MiS). Im Vergleich der am wenigsten korruptionsanfälligen Länder ist Deutschland gerade vom 15. auf den 16. Rang zurück gefallen. Die Organisation »Transparency International« sieht die Korruption innerhalb der Wirtschaft als Hauptursache dafür. »Bei öffentlichen Einrichtungen«, ist die Erfahrung von Uwe Bekemann, Korruptionsbauftragter bei der Stadt Bielefeld, »ist die Sensibilität dagegen gewachsen.«

Im Bielefelder Rathaus leistet die von Bekemann betreute städtische Vergabedatei einen Beitrag dazu. In ihr müssen grundsätzlich alle städtischen Auftragsvergaben ab einem Wert von 1000 Euro aufgenommen werden. Bekemanns Aufgabe ist es dann zu überprüfen, ob die Vergaberichtlinien eingehalten wurden, es mögliche Verdachtsmomente für Korruption gibt.
2003 standen auf diese Weise städtische Ausgaben in Höhe von 57 Millionen Euro auf dem Prüfstand, im vergangenen Jahr 50,5 Millionen. Mathematische Methoden und eine gute Portion Erfahrung helfen Bekemann dabei, Fehlentwicklungen nachzuspüren. So sind etwa häufige Nachträge bei Baumaßnahmen ein mögliches Indiz dafür, dass bei der Auftragsvergabe nicht alles mit rechten Dingen zuging.
Ebenso das Umgehen von »Schwellenwerten«: Eine Auftragssumme von 10 000 Euro ist bei der Stadt Bielefeld die Grenze für eine Kontrolle durch das Rechnungsprüfungsamt. Häufen sich also Aufträge knapp unter 10 000 Euro, ist auch das ein Grund für Bekemann, genauer hinzuschauen. Ebenso das »gekonnte« Aufsplitten von Aufträgen der Verwaltung in viele kleinere Einheiten.
Nachdem von 2000 bis 2001 ein von der Stadt Magdeburg aufgelegtes Computerprogramm genutzt wurde, wird seit 2002 eine von städtischen Fachleuten entwickelte Software verwandt. Aufgrund der Recherchen in der Datenbank konnte Bekemann zwar noch keinen Korruptionsfall direkt aufdecken, wohl aber Ermittlungen in anderen Fällen unterstützen. Auch auf Fehlverhalten, das seine Ursachen in der falschen Anwendung von Vorschriften hatte, konnte Bekemann Kollegen hinweisen.
Von denen sieht sich der Stadt-Amtsrat inzwischen weitestgehend akzeptiert. »Als ich vor fünf Jahren mein Amt als Korruptionsbeauftragter antrat, habe ich noch viele Vorbehalte bei den Kollegen gespürt«, erzählt Bekemann. Heute gebe es Verständnis für seine Tätigkeit, würden städtischen Mitarbeiter seinen Rat offen suchen.

Artikel vom 20.10.2005