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Meissner Porzellan in
historischer Bozi-Villa

Cornelia Delius eröffnet Geschäft für »weißes Gold«

Von Burgit Hörttrich und
Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Der Name Meissen und die blauen, gekreuzten Schwerter sind seit 1710 der Inbegriff edlen Porzellans - das in Bielefeld jedoch allenfalls noch als Zufallsfund zu bekommen ist. Cornelia Delius will das ändern: Im März 2006 möchte sie in der Villa Bozi, 1852 erbaut, das - neben Manufaktur, Museum und neuem Besucherzentrum in Meissen selbst - Flaggschiff des Unternehmens in Deutschland eröffnen.

In dem denkmalgeschützten Haus am Albrecht-Delius-Weg, das 35 Jahre lang von Deutschen Roten Kreuz (DRK) genutzt wurde und das Cornelia Delius erworben hat, möchte sie »Meissen Welten« präsentieren. Cornelia Delius, die bereits ein Antiquitätengeschäft, das japanische Restaurant »Rodin« und die Jording Meisterwerkstätten/KA International führt, möchte das »weiße Gold« aus Meissen auf 120 Quadratmetern zeigen, und zwar, so betont sie, »nicht nur Zwiebelmuster und Weinlaub.« Ihr ist es ein Anliegen, dass Meissner Porzellan nicht in Vitrinen verstaubt, sondern dass es benutzt, dass damit gelebt wird.
Es gehe nicht darum, ein Service für zwölf oder 24 Personen zu verkaufen, sondern Menschen zu zeigen, welche Vielfalt Meissner Porzellan bietet. Sie möchte zeigen, wie man mit verschiedenen Farben, Formen und Dekoren spielen und kombinieren kann: »Das Kombinieren von alten und neuen Teilen und unterschiedlichen Mustern soll Lust machen auf das Experimentieren mit Meissner Porzellan.«
So, wie die Jording-Meisterwerkstätten »Kulissen des Glücks« eröffnen würden, so könne auch bei Meissen »jeder seine eigene Welt finden«: »Das fängt mit wunderschönen, modernen Kaffeebechern an.« Alte Meissenformen kämen längst in neuen zeitgemäßen Dekoren daher. Zwar sei alles bemalt, aber längst nicht mehr alles mit Blumen, Vögeln, Ranken.
Die Porzellanmanufaktur sei sehr interessiert am Standort Bielefeld und sehr interessiert am Verkauf in der Bozi-Villa mit neuem Konzept. Cornelia Delius freut sich: »Man lässt mir freie Hand.«
Zurzeit lässt sie die Villa in den Urzustand zurück versetzen. Eine Garage aus den 1950er Jahren wurde bereits abgerissen, das Gebäude mit den hohen Fenstern, direkt an der Bahnlinie gelegen, wird komplett renoviert - in engem Kontakt mit dem Denkmalschutz. Cornelia Delius: »Es gibt sogar noch alte Pläne.«
Die Schönheit des Gebäudes sei lange hinter dichtem Bewuchs verborgen gewesen. Cornelia Delius: »Jetzt bleiben Passanten häufig stehen und bewundern das schöne Haus.«
Gebaut hat es Carl Bozi. Dessen Vater hatte den Waldhof gekauft und 1822 damit begonnen, Flachs- und Baumwollgarne aus Irland einzuführen. Carl machte nach der Schule im väterlichen Geschäft eine Lehre und ging dann nach Belfast, wo er eine Garnhandelsfirma eröffnete. Von 1847 an bemühte er sich, sein dort erworbenes Vermögen in Bielefeld anzulegen. Er gründete gemeinsam mit seinen Brüdern die Spinnerei »Vorwärts«, in der schon 1853 5000 Spindeln arbeiteten, fünf Jahre später bereits 8000.

Artikel vom 20.10.2005