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Blaues Sofa,
Prominenz und
viele Bücher

Fachbesucher stürmen Buchmesse

Frankfurt/Main (dpa). Die ganze Welt der Bücher in fünf großen Messehallen: Zum 57. Mal hat gestern die Frankfurter Buchmesse ihre Tore geöffnet. Zehntausende Besucher schoben sich seit dem Morgen durch die Hallen und Gänge und quetschten sich in die Shuttle-Busse, die die langen Fußwege auf dem Gelände verkürzen.

Fernöstliches Flair verbreiteten etliche in traditionelle Gewänder gekleidete Mitarbeiterinnen koreanischer Verlage. Korea ist in diesem Jahr Gastland.
Schon am Vormittag nahmen auf dem längst zur festen Instanz gewordenen »Blauen Sofa« Schriftsteller wie Martin Mosebach (»Das Beben«) oder der niederländische Autor Cees Nooteboom (»Paradies verloren«) Platz, um ihre neuen Bücher vorzustellen. Der Shooting-Star der jungen deutschsprachigen Literatur-Szene, der in Wien lebende Autor Daniel Kehlmann, sprach über sein von den Feuilletons hoch gelobtes Buch »Die Vermessung der Welt«. Bestsellerautor Ken Follett (»Eisfieber«) gestand, dass er vor allem dank frühen Fernsehverbots zum Lesen gekommen sei.
Etwa 1000 Autoren sind auf der Messe, darunter neben Größen wie Follett und Nooteboom auch deren Kollege Nick Hornby (»A long way down«) und der Schauspieler Mario Adorf (»Mit einer Nadel bloß«). Gestern war auch der britische Physiker Stephen Hawking in Frankfurt. Bis zum Sonntag präsentieren etwa 7200 Aussteller aus mehr als 100 Nationen ihre Neuerscheinungen. Die weltgrößte Bücherschau ist zunächst drei Tage lang Fachbesuchern vorbehalten, ehe am Wochenende auch andere Bücherfreunde die Hallen erobern dürfen. Die Veranstalter rechnen wie im Vorjahr mit etwa 270 000 Besuchern.
Ungefähr 3000 Veranstaltungen sind rund um das Thema Buch geplant. Dabei geht es auch um Hörbücher, CD-ROMs, Computer-Software und erstmals Spielwaren. Neu ist auch eine Antiquariatsmesse. Wegen der bevorstehenden Weltmeisterschaft ist zudem König Fußball in diesem Jahr eine eigene Etage gewidmet.
In der koreanischen Gastland-Halle war der Andrang groß. »Der Zuspruch bewegt sich auf dem Niveau vergangener Jahre«, sagte der Mitorganisator des Korea-Auftritts, Stefan Stohl. Auch die Lesungen seien sehr gut besucht. Auf einem »Marktplatz« zwischen den Messehallen zeigt Korea neben der Kampfkunst Taekwondo und der Papierherstellung das traditionelle Drucken mit beweglichen Lettern. Auf der Freifläche gibt es außerdem koreanische Köstlichkeiten zu essen wie die Nationalspeise Kimchi, eingelegtes und scharf gewürztes Kohlgemüse. Kimchi gilt in Südkorea als Allheilmittel und als Schutz gegen Erkältungen. Auf ihre Küche sind die Koreaner sehr stolz: Sie nennen sich selbstbewusst »die Franzosen Asiens«.
Der Literatur-Nobelpreis für den englischen Dramatiker Harold Pinter hat bei dessen deutschem Verlag Rowohlt eine »überwältigende Nachfrage« ausgelöst. Der Verlag drucke auf die Schnelle 120000 Exemplare von den vier Büchern des Autors nach, sagte Rowohlt-Sprecherin Ursula Steffens gestern. Rowohlt verlegt einen Roman und drei Dramensammlungen des 75-Jährigen. Als Donnerstag vergangene Woche bekannt wurde, dass Pinter die begehrte Auszeichnung erhält, hatten viele von einem fast vergessenen Autor gesprochen. »Natürlich ist die Nachfrage anders als bei der Belletristik«, räumte Steffens ein. Dennoch gebe es immer Interesse des Publikums an Nobelpreisträgern.
Mit eigenwilliger Sprache und ungewöhnlichem Design will das Auswärtige Amt mit einem englischsprachigen Internetangebot Werbung für Deutschland machen. Eine neue Webseite (www.young-germany.de), die gestern auf der Buchmesse gestartet wurde, will vor allem junge Ausländer informieren. »Unter jungen Menschen (im Ausland) gilt Deutschland nicht gerade als cool«, sagte der zuständige Projektleiter beim Auswärtigen Amt, Hinrich Thölken.

Artikel vom 20.10.2005