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Agfa-Photo wird abgewickelt

Rettung des Pioniers der Filmbranche gescheitert - Belegschaft wütend

Leverkusen (dpa). Die Rettung der insolventen Agfa-Photo mit derzeit 1100 Beschäftigten ist gescheitert. Damit verschwindet erneut ein Traditionsunternehmen von der Bildfläche.

»Es wird jetzt Schritt für Schritt an allen Standorten ausproduziert, zum 31. Dezember 2005 ist Ende für die Agfa-Photo GmbH«, sagte Firmensprecher Thomas Schulz gestern in Leverkusen. Zuvor war ein Kaufangebot der britischen Gruppe Photo-Me von Insolvenzverwalter, Geschäftsführung und dem Gläubigerausschuss als völlig inakzeptabel abgelehnt worden.
Bei der Belegschaft in Leverkusen herrschten laut Betriebsrat nach monatelangem Bangen große Wut und Enttäuschung über das bevorstehende Ende von AgfaPhoto. Die Offerte von Photo-Me war am Dienstagabend abgelehnt worden, da es Verschlechterungen im Vertragsentwurf gegeben habe im Vergleich zu einem früheren Angebot. Vor allem habe eine Arbeitsplatzgarantie gefehlt, sagte AgfaPhoto-Geschäftsführer Hans- Gerd-Jauch. Bei einer Komplettübernahme durch Photo-Me war auf die Rettung von 400 Arbeitsplätzen gehofft worden.
Parallel zu der noch begonnenen Abwicklung sollten Gespräche mit potenziellen Investoren geführt werden, die sich jeweils für Teile des Unternehmens interessierten. So habe der japanische Fotohersteller Fuji Interesse an der Großlaborgeräte-Produktion im bayerischen Peiting mit 60 Beschäftigten bekundet und für heute ein Angebot angekündigt, sagte Schulz. Es gebe weitere Interessenten, die zunächst abgewartet hätten, ob der britische Fotoautomaten-Betreiber zum Zuge kommen werde.
Erst im Herbst vergangenen Jahres war die traditionsreiche Fotosparte einschließlich Laborgeräten von der Muttergesellschaft Agfa Gevaert (Mortsel/Antwerpen) an eine Investorengruppe um den Unternehmer Hartmut Emans verkauft worden. Im November war die Agfa-Photo GmbH mit Sitz in Leverkusen als selbstständiges Unternehmen gestartet. Agfa-Photo hatte im Mai dieses Jahres wegen Zahlungsunfähigkeit überraschend Insolvenz angemeldet.
Ähnlich wie die Konkurrenten Kodak und Fuji ist der Fotohersteller in den vergangenen Jahren durch den Boom der Digitalfotografie in Bedrängnis geraten. Das Geschäft mit analogen Kleinbildfilmen schrumpft. Für dieses Jahr rechnet der Photoindustrie-Verband mit einem Anstieg verkaufter Digitalkameras um 10 Prozent auf 8 Millionen Stück. Besonders gefragt sind derzeit digitale Spiegelreflexkameras.
Agfa-Photo produzierte bis zur Insolvenz mit gut 1800 Beschäftigen an den Standorten Leverkusen, Köln, München, Peiting, Windhagen (Rheinland-Pfalz) und Vaihingen Enz (Baden- Württemberg). Fast 750 Mitarbeiter wechselten seitdem in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, in der sie ein Jahr lang 90 Prozent ihres letzten Gehaltes bekommen sollen. Schulz: »Aus Sicht der Geschäftsführung ist die Beschäftigungsgesellschaft für die gesamte Belegschaft vereinbart.«
Betroffen von der Abwicklung sind nach Betriebsratsangaben auch 500 Mitarbeiter im weltweiten Vertrieb. So hätten in Österreich oder Tschechien mehrere Vertriebsgesellschaften Insolvenz angemeldet. Auch die in Köln ansässige Agfa-Photo Germany (70 Beschäftigte) sei diesen Schritt vor wenigen Tagen gegangen.

Artikel vom 20.10.2005