29.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Heimweh macht
sich in Briefen Luft
Franka Potente schreibt aus Amerika
Wenn ein deutscher Filmstar nach Hollywood zieht, denkt man an Glamour und das große Geld. Dass dem nicht so ist, macht Franka Potente in vielen Briefen aus Los Angeles an ihren Berliner Freund Max Urlacher klar.
Ihre Berichte in dem Buch »Los Angeles - Berlin. Ein Jahr«, die Urlacher mitten aus Kreuzberg beantwortet, sind Dokumente kultureller Unterschiede und durchzogen von sehr deutschem Heimweh.
Potente (30) und der drei Jahre ältere Max Urlacher sind seit ihrem Schauspielstudium befreundet. Während sie mit »Lola rennt« zum Star wurde, hielt er sich mit Theater- und Fernsehjobs über Wasser. Als Potente im Herbst 2004 die Koffer packte, um in Los Angeles das Glück zu suchen, hatte sie auch das Versprechen des Briefwechsels mit im Gepäck.
Wer sich jedoch Klatsch und Tratsch erhofft, der wird enttäuscht. Potente schreibt offen über ihren Alltag, aber eben nicht über die Filmbranche oder ihre konkrete Arbeit. Hollywood-Milieu findet fast nur in Form gelifteter, dünner Frauen statt.
Mit seinen herrlich formulierten Kreuzberger Geschichten nährt Urlacher das Heimweh seiner Freundin. Vielleicht sind es auch seine Briefe über den Türken Hakan und sein Bistro, die Kids auf den Straßen, das Winterwetter und die Kneipen, die Potente davon abhalten, heimisch zu werden im »gelobten Land«. Ihre Entrüstung über den Irak-Krieg stößt bei den Amerikanern auf Befremden, sie hat zu bunte Blusen an und kommt damit nicht klar, dass die Menschen in L.A. auch Feindseligkeiten und Kritik in Komplimente verpacken.
Nach knapp einem Jahr schreibt Potente: »Ich komme zurück!« Ein Aufbruch, neue Entschlüsse - doch ihre Suche nach dem Glück ist wohl auch damit nicht vorbei. Karin Zintz
Franka Potente, Max Urlacher: »Los Angeles - Berlin. Ein Jahr«, Herder, 19,90 Euro.

Artikel vom 29.10.2005